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Die Damen

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

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in solch taͤtiger Weise ein, daß ihre Freunde fuͤr sie fuͤrchteten. Sie schrieb an 
den Kronprinzen von Bayern und will von ihm das Glas erhalten haben, 
aus dem er auf das Wohl der Tiroler getrunken, und seine Kokarde als Ehren— 
pfand, daß er jeder Ungerechtigkeit, jeder Grausamkeit steuern wolle. 
In einer Teecgesellschaft war sie die erste und versteckte sich hinter dem 
Ofenschirm. Die andern schmaͤhlten sie wegen ihres Ausbleibens und wegen 
anderer Sachen. Da trat sie vor und sagte: „Ja, ich bin eine abscheuliche 
Person, aber ich will mich bessern“. 
Sie wollte den Koͤnig, dessen gute Absichten dem Geist der Zeit wider— 
sprachen, aus dem Kreis der geistesarmen Froͤmmler und Feudalgesinnten 
retten. Sie sah, wie Tausende damals nach Licht und Freiheit draͤngten, 
glaubte an die schoͤpferische Macht der Persoͤnlichkeit und hoffte auf den 
koͤniglichen Helden, der die Kraͤfte Deutschlands zu gemeinsamem Wirken ver— 
binde zum Wohle der Gesamtheit. 
In der Cholerazeit 1831 pflegte sie die Kranken. In ihrem Buch (d. B. 
g. d. K.) verlangte sie, die Reichen sollten ihre Lurushaͤuser und Gaͤrten zu 
Wohnungen und Feldern 
fuͤr Arme hergeben. 
Das war allerdings 
unverzeihlich phantastisch 
und romantisch. Eine 
zluͤhendere, menschlichere 
Romantik, als sie der am 
Hofe und in der Gesell— 
schaft uͤber das Maß ver— 
ehrten Schriftstellerin 
Henriette Paalzow eigen 
war, die in ihren Ritter— 
romanen dem Feudalis— 
mus einen Goͤttersaal er— 
baute. Sie beherrschte 
iahrzehntelang die Mode 
der Damenlektuͤre. Bei 
jeder großen Hoffestlichkeit 
erschien auch sie immer 
vofmaͤßig, Hofdame. Der 
Koͤnig sagte ihr, wie 
Schmidt-Weißenfels er—⸗ 
zͤhlt, stets einige schmei— 
chelhafte Worte, die sie 
Franz Krüger: Kaiserin Augusta als Prinzessin.
	        
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