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Die Damen

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

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geschaͤftigkeit und Hilfsbereitschaft hatte sie zu einem Hort fuͤr Verfolgte ge— 
macht. Sie galt als Vermittlerin beim Koͤnig. Die Hilfeflehenden wandten 
sich an sie. Sie trat fuͤr polnische Aufruͤhrer ebenso eifrig ein, wie fuͤr Deutsche, 
die wegen ihrer politischen Überzeugung fuͤsiliert werden sollten. Sie ließ sich 
von dem drohenden Schicksal mancher Gefangenen und Verurteilten so 
ruͤhren und ergreifen, daß sie bittere und herbe Worte an den Koͤnig schrieb 
und mit mehr Geist und Überzeugung operierte, als der von der Revolution 
indignierte und ein wenig pharisaͤisch nach Gruͤnden suchende Koͤnig auf— 
zubringen vermochte. In ihrem feurigen Zorn fand sie gluͤhende Worte: 
„Welche Beschaͤmung vor aller Welt, den preußischen Staat gefaͤhrdet zu 
sehen durch den Besuch einer jungen Schwester bei dem auf den Tod ge— 
fangenen Bruder!“ (26. Dez. 1847.) 
„Absolut sei der Koͤnig, sagten die Minister und banden durch ihre ab— 
soluten Maßregeln ihm jeden freien Willen.“ (10. Sept. 1848.) 
„Laͤßt der Koͤnig sich aber verleiten, mit der nationalen Versammlung 
zu brechen, so macht der Koͤnig die Republick.“ (13. Sept. 1848.) 
„Und nicht dieser Gefangene, aber Allesamt sollen die Großmuth schuͤtzen 
und stuͤtzen. Und ich dachte, das Leben sei nur ein kurzer Tag und wie bald 
die Nacht hereinbricht, die einem andern Tag vorangeht und ich dachte, es 
waͤre schoͤner als Alles, wenn der Nachruhm einer verzeihenden Milde das 
Andenken Eurer Majestaͤt verklaͤre!“ (29. Juli 1849.) 
In diesem wegen des mit dem Tode durch ein Kriegsgericht bedrohten 
Gottfried Kinkel geschriebenen, kuͤhnen und sinnigen Brief verkuͤndete sie 
das goͤttliche Recht der Gnade. Und als der Koͤnig mit einem kalten, ab— 
weisenden und ironischen Brief antwortete, gab sie nicht nach und hielt ihm 
in einem schoͤnen und starken Brief vor, wie ungerecht es sei, einen Menschen 
zu einem Bekenntnis seiner Unehrenhaftigkeit zu zwingen. Sie erinnerte 
ihn mutig an die Erschießung von Robert Blum und an alle uͤbrigen Todes— 
urteile und sparte nicht mit herben Worten gegen die Reaktion und gegen 
guͤtelose Menschen. 
„Der es am naͤchsten bedarf, liegt mir der naͤchste am Herzen.“ 
„Ich will nichts anderes von Gott, als daß mein Herz nicht zu Stein 
werde in meiner Brust, wenn er mich zum Werkzeug ausersieht seiner un— 
mittelbaren Barmherzigkeit!“ (8. August 1849.) 
Sie versuchte, durch Strenge und gemuͤtvollen Ernst den Koͤnig milde 
zu stimmen. Er aber ließ sich von ihren erhabenen Briefen nicht umstimmen 
und verschaͤrfte das Urteil des Kriegsgerichtes noch, machte aus der lebens— 
—— 
Dieser Mut, diese Begeisterung war bei ihr nichts Neues. Fuͤr die um 
ihre Befreiung koͤmpfenden Tiroler trat sie mitten im Lande des Feindes
	        
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