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Die Damen

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

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im Lehnstuhle behaglich Platz genommen, als auch die fuͤr ihn noͤtigen Mit— 
sprecher sich einfanden, der Professor Gentz mit Ludwig Robert und Herrn 
oon Varnhagen, alle drei schon im Streit und sogleich von Herrn von Reden 
in Beschlag genommen. Sie schienen aber ihr begonnenes Gespraͤch nur 
fortzusetzen, und der Gegenstand war damals in Berlin an der Tagesordnung, 
es war die schwebende Sache der beiden Theologen zu Halle, Wegschneider 
und Gesenius, deren Rechtglaͤubigkeit durch haͤmische Anschuldigungen war 
oerdaͤchtigt worden. 
Der Erzaͤhler wandte sich von den heftig Streitenden einigen Damen 
zu, die inzwischen die Gesellschaft vermehrt hatten. Frau von Varnhagen 
stellte mich der Graͤfin von HYork und deren Schwester vor, zweien Damen 
von sehr ausgezeichnetem Aussehen und schoͤner freier Bildung; ich vernahm, 
daß beide die herrlichsten Stimmen haͤtten, und beide sagten es nicht ab, 
dielleicht spaͤter einige Lieder zu singen; das juͤngere Fraͤulein von Reden 
wurde gleichfalls wegen ihres lieblichen in Italien ausgebildeten Gesanges 
oorlaͤufig in Anspruch genommen. Frau von Varnhagen aber wurde von 
dieser Gruppe abgezogen, denn laute Stimmen drangen vom Vorsaal her, 
und eine kleine Schar von Herren erschien und bestuͤrmte sie mit Begruͤßungen. 
Es waren zwei Offiziere, ein Graf von Schl. und Paul E., ferner der Graf 
von Mocenigo mit dem Grafen von Kleist, und hinter ihnen zuletzt der spanische 
Graf Cordova. Es entspann sich alsbald ein Gespraͤch uͤber Musik, in welchem 
Cordova unter manchem Widerspruch mit großer Lebhaftigkeit fuͤr Rossini 
eintrat, und, hauptsaͤchlich an Rahel sich wendend, seine Meinung umstaͤndlich 
auseinandersetzte. Das Erscheinen zweier laͤngst erwarteten Damen, der 
Saͤngerin Milder und der Frau Friederike Robert, machte dem Disput ein 
Ende. Man mochte diese Frau, erzaͤhlt unser Gewaͤhrsmann, leiden koͤnnen 
oder nicht: schoͤn finden mußte man sie, sie war es im hoͤchsten Grade, sie 
strahlte so hell, daß die andern Gesichter neben ihr im Schatten zu sein 
schienen, eine Wirkung, die nur nicht von Dauer war, denn allmaͤhlich suchte 
der Blick doch wieder den Ausdruck des Geistes, der Klugheit, der Guͤte, der 
Zartheit und anderer Eigenschaften, durch welche hier die augenblicklich 
oerdunkelten Physiognomien bald wieder sich erhellten und zuletzt die bloße 
Schoͤnheit uͤberfluͤgelten. Jetzt aber wirkte die schoͤne Friederike wie ein guter 
Genius; Frau von Varnhagen fuͤhrte sie zu Herrn von Reden, der seine 
galanten Huldigungen hier gern anbrachte und gern gehoͤrt wurde. Die 
juͤngeren Herren draͤngten sich nun auch herzu, der Schoͤnheit widerfuhr 
ihr volles Recht, wie Frau von Varnhagen munter sagte. 
Madame Milder war inzwischen zum Fortepiano getreten und 
bereitete sich zu singen. Bald war alles still und harrte der maͤchtigen Toͤne 
dieser Silberglocken. Sie begannen in zartester Reinheit und Suͤßigkeit
	        
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