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Die Damen

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

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Madame Baranius, erste Liebhaberin 
und jugendliche Heldin in Oper und 
Schauspiel, lebte mit des Direktors 
Sohn Karl in wilder Ehe. Ganz 
naiv schrieben beide gemeinsam an 
den Geh. Finanzrat von Peyer, er 
solle fuͤr eine gewisse Summe gut— 
sagen und woͤchentlich einen Teil 
von ihrer Gage abziehen, damit 
ihre Haushaltung und Einrichtung 
schuldenfrei werde. Karl war ge— 
rade kein bedeutender Komoͤdiant, 
waͤhrend die Baranius ebenso ta— 
lentvoll wie schoͤn war. Was sie an 
ihn fesselte, istschwer zu sagen. Viel— 
leicht war's die Hoffnung, selbst Di— 
rektorin zu werden. Karl Doͤbbelin 
bewarb sich naͤmlich mit Erfolg um 
eine Konzession fuͤr die Provinz. 
Die Baranius aber wurde nicht 
Direktorin, vielmehr kam es zu boͤsen 
Anftritten zwischen den beiden. 
Karl Doͤbbelin mißhandelte sie in 
ihrem eigenen Quartiere. Ihm mußte die Entziehung der Konzession an— 
gedroht werden, worauf er verlangte, daß die Baranius ihm nichts in den 
Weg legen sollte und sich nicht unterstehen duͤrfe, gegen ihn Kabale zu 
machen. Wahrscheinlich war sie enttaͤuscht und erbost, daß er sie nicht zur 
Direktorin gemacht. Sie genoß uͤbrigens auch die Gunst Friedrich Wilhelm II., 
soll sehr anmutig und reizvoll gespielt und so ihre sie weituͤberragende 
Kollegin Friederike Unzelmann gluͤcklich ergaͤnzt haben. 
Unter der Regierung Friedrich Wilhelm II. und seines Nachfolgers 
wvar das Personal des Berliner Theaters von ganz ausgezeichneten Talenten 
zusammengesetzt. Neben den bedeutenden maͤnnlichen Kraͤften stand jene 
Friederike Unzelmann, von der ein kritisches Urteil ruͤhmte: 
„Reiz, Jugend, ruͤhrenden Ton der Sprache, Wahrheit, Ausdruck, 
Innigkeit im Spiel und gute Methode im Gesang.“ Ein spaͤterer Kritiker 
sagt von ihr: „Sie hat lichtbraunes Haar, ein großes durchdringendes dunkel— 
blaues Auge und eine so zierliche Gestalt, daß es von ihr abhaͤngt, wie viel 
juͤnger sie auf der Buͤhne erscheinen will, als sie ist, und daß hoͤchst wahr— 
scheinlich irgend jemand, der gern die Gegenstaͤnde beim rechten Namen
	        
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