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Die Damen

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

wie sie bei Hofe hieß — unumschraͤnkte Beherrscherin des Koͤnigs. Wen sie 
beguͤnstigte, der wurde beguͤnstigt. Ja, sie soll sogar in den traurigen Kriegs— 
affaͤren jener Jahre ihre Haͤnde gehabt haben. Als sie zur Graͤfin erhoben 
wurde — um sie hoffaͤhig an anderen Hoͤfen zu machen — wurden ihr vier 
Ahnen von vaͤterlicher und muͤtterlicher Seite, Ebenbuͤrtigkeit und Stifts— 
faͤhigkeit verliehen. Und die Minister Bischofswerder und Woͤllner verbuͤndeten 
sich mit ihr, um in einer spiritistischen Farce dem Koͤnig einen verstorbenen 
Sohn der Lichtenau erscheinen zu lassen und um so ihren bigotten Einfluß 
aufrecht zu erhalten. 
Als der Koͤnig im Jahre 1796 schwer erkrankte, pflegte sie ihn. Wohl 
zum Dank erschien er mit der ganzen koͤniglichen Familie zu einem Fest in 
ihrem Palais Unter den Linden. „Der Kronprinz konnte seine heftige 
Gemuͤtsbewegung nicht verbergen. Er warf verstohlene Blicke bald der 
zaͤrtlich geliebten Mutter (der Koͤnigin), bald der angebeteten Gemahlin 
(Luise) zu, als koͤnne er es nicht begreifen, wie es moͤglich sei, sich mit ihnen 
in den prachtvollen Zimmern der Maͤtresse seines Vaters zu befinden.“ 
Als der Koͤnig nach einer Badereise heimkehrte, wurden große Feste gegeben, 
bei denen die Lichtenau die Stelle 
der Koͤnigin einnahm. „Das 
Fest begann am fruͤhen Morgen 
mit Glockengelaͤut und Posaunen— 
blasen. Auf den Plaͤtzen war Tanz— 
vergnuͤgen, Mastbaumklettern, 
Puppentheater, Speisung der 
Armen auf oͤffentliche Kosten.“ An 
allem nahm der Koͤnig teil und 
erschien auch mit der Lichtenau, 
die im griechischen Gewand mit 
goldenem Diadem sich zeigte, auf 
dem großen Zweckessen der 
Buͤrgerschaft. 
Sie muß eine große Gewalt 
uͤber den Koͤnig gehabt haben. 
Alle Zeitgenossen waren entzuͤckt 
von ihr und ihrem kostbar ein— 
gerichteten Hause. Besonders 
wußte sie den Koͤnig durch ihre 
Gemaͤlde-Galerie zu fesseln, die 
Halb- und Ganzentbloͤßte zeigte 
und deren Stoffe meist den Zaͤrt— 
Duhn Sie mich den Gefallen un reden Si 
nich von desienige.
	        
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