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IV.

Full text: Lassalle / Schirokauer, Alfred (Public Domain)

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„Nein,“ willigte er rasch ein, „ich begleite Sie 
sehr gern und sehe mal nach dem Geheimrat.‘“ 
Ihre kleine bewegliche Gestalt, die vor innerer 
Hast immer zitterte wenn sie sprach, vibrierte in 
Glück, wie das Holz einer Geige unter ihrer schwel- 
lenden Tonfülle. 
Und da kam über ihre Züge, die eigentlich nicht 
alt aussahen, doch so, als wären sie nie jung ge- 
wesen, etwas Flottes, Übermütiges. Sie hing sich 
verwegen in seinen Arm, machte ganz große Schritte 
und rief: „Ach, wie ist’s hier gut, nach dem Ge- 
dränge in den Linden! Man kann wieder frei atmen 
und sich freuen an dem Lichte dieses sonnig blauen 
Wintertages. Sehen Sie nur, wie der Himmel sprüht. 
Und wie die Fenster des Ministeriums dort drüben 
blinken, als stieße die Sonne silberblanke Dolche 
in die dunklen Stuben hinein.“ Und sie schnup- 
perte mit ihrer langen Nase in die kalte Luft: 
„Riechen Sie den Winter? Wie dieser Geruch von 
Erinnerungen satt ist! Seit Jahren habe ich den 
Frost nicht so erinnerungsschwer mehr gerochen. 
In Hamburg roch es so, als ich noch als Mäd- 
chen mit meiner Schwester OÖttilie und Mama an 
der Alster Schlitten fuhr. Da waren ganz blaue 
Tage. Und Mama erzählte Märchen, und wir kleinen 
Mädchen staunten zu ihr und der Märchenherrlich- 
keit auf und glaubten sie. Und als wir älter wurden, 
da glaubten wir auch noch, uns würde das blaue 
Märchen des Lebens begegnen. 
Und dann starb erst Mama, Onkels Schwester, 
und bald darauf Papa, kurz vor dem großen Brande 
1842. Und da nahm Onkel uns beide zu sich nach 
Berlin. Tante Rahel war ja schon lange tot. Und 
wir kamen in das große Haus des Onkels und
	        
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