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Jung des großen Geheimnisses vom ehernen Lohn-
gesetz, von dem gesetzmäßigen Hinsterben ihrer
Kinder, von der in alle Ewigkeit unentrinnbaren Ver-
zweiflung ihrer Sklaverei. Sie horchten, sie nickten,
sie starrten mit wutentzündeten Augen. Brände,
Brände, immer neue zischende Brände schleuderte er
nieder auf ihre Häupter. „Ihr meint, Bedürfnislosig-
keit ist eure Tugend! Zum Teufel eure Tugend!
Warum ist der russische Kosak so weit zurück in
der Kultur? Weil er Talglichte frißt und froh ist,
wenn er sein Elend in schlechtem Fusel ertränkt.
Möglichst viel Bedürfnisse haben, aber sie auf ehr-
liche und anständige Art befriedigen, das ist die
Tugend der heutigen national-ökonomischen Zeit.
Lernt endlich eure Bedürfnisse haben! Hört end-
lich auf, gezähmte Haustiere zu sein. Gehet ab
von dieser Widernatürlichkeit, von dieser Schmach,
die so erbärmlich ist, daß ich rot werde für euch
und in eure Seelen hinein, wenn ich nur daran
denke.“
In dem großen Saale war es weihevoll still
wie in einem Dome. Nur das schwere Atmen der
aufgewühlten Menge keuchte zur Decke wie dicker
massiger Dunst.
Da ging der Redner zu unerhörten Angriffen
auf die Führer der Fortschrittspartei über.
Einige erwachten aus dem Rausche. „Hoch
Schulze-Delitzsch !‘“ schrie eine Stimme aus der Mitte.
Und sofort zerriß der Bann. „Hoch Schulze-De-
litzsch! Hoch — Hoch!“ brüllte das jäh aufge-
wirbelte Chaos.
Ohne Bewegung stand der Mann auf der Kanzel
und wartete. Heute sprach er zu Ende,