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XVI.

Full text: Lassalle / Schirokauer, Alfred (Public Domain)

345 —. 
Und wie er sich über die Wirkung des allgemeinen 
direkten Wahlrechtes täuschte! Jetzt vorsichtig 
weiter! Er preßte die Hände zusammen, die vor 
Erregung feucht waren, und zwang sich zur Ruhe. 
„In Preußen,“ sprach Bismarck nachdenkend 
fort, „sind neun Zehntel des Volkes dem Könige treu 
und nur durch den künstlichen Mechanismus der 
Wahl um den Ausdruck ihrer Meinung gebracht.‘ 
„Dann würde ich,“ lächelte Lassalle beherrscht, 
während jeder Nerv an ihm zuckte, „an Eurer Ex- 
zellenz Stelle die Konsequenzen dieser Einsicht 
ziehen.‘ 
„Ja,“ hob Bismarck die Arme, „man kann nicht 
jeder Einsicht folgen.“ 
„Jede Einsicht trägt die eingeborene Kraft des 
Sieges in sich,‘ versicherte Lassalle. 
„Gut,“ lächelte Bismarck, „dann wollen wir 
darauf hoffen, daß dieser Sieg einmal eintritt.“ Und 
Lassalles weitere Entgegnung abschneidend, sagte 
er: „Ich möchte gern eins wissen, Herr Doktor, was 
uns im Moment näher liegt. In Ihrer Solinger Rede 
haben Sie über die bevorstehenden Wahlen zum 
Landtag gesprochen. Eins ist mir nicht ganz klar 
geworden. Warum befehlen Sie Ihrer Gefolgschaft 
nicht, mit der konservativen Partei zu stimmen, dort 
wo Sie keine Aussicht haben, Ihren eigenen Kandi- 
daten durchzubringen? Diese Konsequenz vermisse 
ich in Ihrer Rede. Unsere Interessen sind doch — 
wie Sie selbst vorhin richtig bemerkten — gemein- 
schaftliche, Sie kämpfen von Ihrem wie wir von 
unserem Standpunkte gegen das Bestreben der Bour- 
geoisie, die Herrschaft an sich zu reißen.‘ 
Da spürte Lassalle den Versucher. Und jetzt 
lächelte er: „Es käme ja nur auf ein Bündnis an.
	        
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