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„Ja,“ lachte Bismarck auf, „aber wie kriegen
Wwir’s ?*
Lassalle beugte sich vor, seine Augen funkelten.
„Oktroyieren Sie es!“
Bismarck wurde sekundenlang steinern ernst.
Doch sofort hatte er sich wieder in seiner lächeln-
den Gewalt. „Das hieße den Eid brechen, den der
König auf die Verfassung geschworen hat.“
Lassalle erhob sich heftig. „Scheuen Sie davor
zurück !**
„Ich vielleicht nicht, doch Seine Majestät. Aber
behalten Sie doch Platz, Herr Doktor.‘
Lassalle überhörte die Einladung. „So be-
stimmen Sie Seine Majestät I“
Bismarck zuckte die breiten Schultern. „Der
König sieht sich gebunden und wird nie seine Zu-
stimmung zu einem Verfassungsbruch geben. Aber
setzen Sie sich doch, Herr Doktor. Ihre Zigarre
brennt wohl nicht recht? Bitte, nehmen Sie eine
andere.“
Mechanisch griff Lassalle in das Kistchen.
„Ist es kein Verfassungsbruch,‘“ hielt er ver-
wegen dem Minister entgegen, „ohne Bewilligung
der Kammer die Kosten der Heeresreform zu ver-
ausgaben ? 1“
„Sie werden nicht erwarten,“ lächelte Bismarck,
„diese Frage von mir bejaht zu hören.‘
Da riß Lassalle die ganze Kraft seines Geistes
zusammen, dem Manne da, an dessen liebenswür-
diger Heiterkeit er immer wieder abprallte, mit der
überzeugenden Eindringlichkeit seiner Dialektik zu
beweisen, daß die Oktroyierung des allgemeinen,
direkten Wahlrechtes keinen Verfassungsbruch be-
deute. ‘
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