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XVI.

Full text: Lassalle / Schirokauer, Alfred (Public Domain)

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Bismarck lächelte fein und rückte dem Besuch 
einen Sessel zurecht. „Darf ich bitten, Herr Doktor,“ 
Und zu einem Wandschränkchen hinübergehend, 
fragte er: „Sie rauchen doch?“ 
„Wenn ich darf, mit bestem Danke.“ 
Dann saßen die beiden Männer einander gegen- 
über. Blauer Rauch ringelte sich in die Helle des 
Zimmers empor. Und sie sprachen, freundlich, scher- 
zend, bitter ernst, Jeder fühlte die Größe des 
andern, jeder wußte: „Dort sitzt dein ebenbürtiger 
Feind.‘ 
Lächelnd, in der bestrickenden Liebenswürdig- 
keit des Diplomaten und Hofmannes, leitete der 
Minister das Gespräch, vorsichtig und mit seiner 
verblüffenden Kühnheit. Lässig saß seine sinnen- 
frohe Germanengestalt vor dem schmächtigen, blei- 
chen, um zehn Jahre jüngeren Manne mit der 
von Arbeit und Denken herausgemeißelten Stirn, 
mit den leidenschaftlichen, willensstarken Augen und 
Worten. 
Zwei Große der Weltgeschichte saßen sich 
gegenüber, jeder eine noch ungeborene Welt im 
Hirne tragend: der eine das Deutsche Reich, der 
andere die deutsche Sozialdemokratie, zwei Mächte, 
deren Kampf der Kampf der Zeit werden sollte. 
In seiner chevaleresken Ungeniertheit, die jede 
Förmlichkeit sofort bannte, fragte jetzt der Minister: 
„Was verschafft mir die Annehmlichkeit Ihres Be- 
suches ?** 
Da erwiderte Lassalle: „Ich wollte mich bei 
Eurer Exzellenz über die rasche Erledigung meiner 
Solinger Depesche bedanken.“ 
Überrascht warf Bismarck den mächtigen Kopf
	        
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