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XII.

Full text: Lassalle / Schirokauer, Alfred (Public Domain)

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ihre Glieder und trug sie hocherhoben die Treppe 
hinab. 
„Nein,“ bekannte sie gelassen. „Ich bin es 
gewöhnt, auf Händen getragen zu werden.‘“ Wie 
eine Wildkatze hing sie an seinem Halse und preßte 
den Leib an seine Brust. Unten im Hausflur setzte 
er sie nieder und küßte sie keck auf den gierigen 
feuchten Genießermund. Sie verbiß die Zähne in 
seine Lippen, daß. ihm das Blut heraussprang. 
Und als sie dann Arm in Arm durch die Straßen 
wanderten, erzählte sie ungeniert von ihrem wilden 
Leben in Nizza, wo sie einen jungen russischen See- 
kadetten, Paul von Krusenstern, geliebt hatte — 
ah, geliebt! Sie ließ die schweren Lider halb herab- 
sinken in einer schamlosen, vergehend wollüstigen 
Erinnerung. Es war Lassalle, als atme ihm plötzlich 
eine beklemmende Schwüle mänadischer Ekstase 
von ihrem üppig straffen jungen Busen zu. Er legte 
den Arm um ihren Leib, der sich weich und lebendig 
unter dem Jackett bewegte. 
Da lachte sie auf. „Ach, und in Tegernsee! 
Da nannten mich alle „Die Nixe vom Tegernsee |“ 
„Du scheinst schon recht bunt erlebt zu haben,“ 
erriet Lassalle, 
Sie reckte den Körper unter dem Druck seines 
Armes. „Ja,“ dehnte sie sich, „ich will auch nicht 
dasitzen und zusehen, bis ich in die Ehe hinein 
torkele. Ich will leben und genießen und mich hin- 
geben und nehmen!“ Sie krallte die Finger wie 
Raubtierfänge. 
„Das sind lobenswerte Grundsätze,“ billigte 
Lassalle. „Wann darf ich auf deinen Besuch rech- 
nen? Ich wohne Bellevuestraße 13.‘ Sie überlegte. 
„Es wird nicht gehen. Ich bin hier zu Besuch
	        
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