2009
Dumme ist nur, sie hat nicht geschrieben, mit wel-
chem Zuge sie kommen.“
„Nun, sie wird sich melden,‘“ tröstete Heymann
Lassal.
„Und jetzt, mein Junge, laß dich durch mich
nicht stören! Du wirst zu tun haben. Ich setz’ mich
ganz still in dein Zimmer und schau’ dir zu.“
„Nein,“ wehrte Lassalle. „Heute ist Freuden-
fest. Heute wird nichts gearbeitet.‘
„Weißt du was?“ bat da der Alte, „wenn du
doch nicht arbeiten willst, lies mir ein paar Kapitel
aus deinem neuen juristischen Werk vor. Das Kon-
zept hast du doch. Wenn ich auch nicht viel davon
verstehe, ich höre doch den Stil und deine Sprache.
Und hab’ doch meine Freude.“ — —
Des alten Heymanns Welterfahrenheit behielt
recht. Gegen abend kam ein Bote aus dem Peters-
burger Hofe mit einem Zettelchen. Sofort eilte
Lassalle nach den Linden.
Im Wohnzimmer blieb der Vater mit der Gräfin
zurück.
„Es wird nichts werden,“ kassandrate Sophie
Hatzfeld.
„Wieso nicht?“ schreckte Lassal empor.
„Sie wird ihn nicht nehmen.‘ prophezeite die
Frau.
„Sie wird sich die Finger lecken,“ wurde der
Vater heftig. „Sie meinen, weil sie eine ‚von‘ ist?1“
„Nein, nicht deshalb,‘ blieb die Frau ruhig,
„weil sie sich ihm nicht gewachsen fühlt. Sie emp-
findet seine geistige Überlegenheit zu stark, sie muß
sich vor ihm in acht nehmen, keine Dummhbheiten
zu schwatzen. Das wird auf die Dauer peinlich an-
strengend. Sie nimmt ihn nicht.‘