295 —
er sie nicht immer wieder schmachvoll erniedrigte
mit seiner höflichen Liebenswürdigkeit, wo nur der
vernichtende Schmerz des Entsagens war. Ja, jetzt
ging sie nach Florenz!
Lassalle sah der Davoneilenden verblüfft nach,
schüttelte den Kopf, murrte: „Ja, ja, die alten
Jungfern,“ und nahm wieder mit zärtlicher Ver-
ehrung den Brief seiner jungen Liebe auf. Doch
abermals wurde er in der schwärmerischen Lektüre
unterbrochen. Es läutete draußen. Er hörte es nicht
in seiner verschwärmten Versunkenheit. Dann sprach
draußen eine laute tiefe Stimme mit dem Diener.
Zurück warf Lassalle den Kopf, der Brief entfiel
seiner Hand — er war an der Tür und hing am
Halse des schönen stattlichen Mannes.
„Vater, Vater!‘ stammelte er. „Aber, Vater !“
Der Alte preßte ihn mit starken Armen an die
breite Brust. Dann trat er von ihm zurück, Tränen
der Freude in den schönen, guten, klaren Augen und
sagte: „Laß dich anschauen, mein Junge!“ Und
ihm die Backe tätschelnd, fragte er besorgt: „Na,
wie geht es denn?“
„Ganz gut, Vater, Aber komm doch in die
Stube. Friedrich, nehmen Sie den Reisesack.“ Und
er legte den Arm um die Schulter des Mannes und
führte ihn ins Zimmer.
„Das ist eine Überraschung! Warum hast du
die Mutter nicht mitgebracht?“
„Es ging nicht recht. Du weißt ja, das alte
Leiden.‘
„Ärgert sie dich noch tüchtig?“ lachte Lassalle
zutraulich. Der alte Heymann Lassal (das „le“ des
Schlusses hatte der Sohn autokratisch in Paris an-
genommen) hob die Hände: „O ja, habe unberufen
Achiroakauer, Lassalle.
In