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„Ja, natürlich,‘ begriff sie behende. „Und nu
soll Vater noch mal sagen, ich soll keinen Staat
machen.‘
„So ein Mädel!“ tadelte sanft die Mutter.
„'n richtiger Berliner Schnabel,“ lobte der Vater.
„Aber nu sagen Sie, Herr Doktor, wieso sind wir
Armen der Staat?“
„Das kann man sehr einfach zahlenmäßig nach-
weisen. Nach der offiziellen preußischen Statistik
haben in Preußen 72!/4 Prozent der Bevölkerung ein
Jahreseinkommen von unter 100 Talern, leben also
in der elendesten Lage. 16%, Prozent haben ein
Einkommen von 100 bis 200 Talern, leben also noch
in einer kaum besseren Lage, 7!/, Prozent haben ein
Einkommen von 200 bis 400 Talern, leben also noch
in bedrückter Lage. Daraus ergibt sich klar, denn
diese stummen amtlichen Zahlen schreien eindring-
licher als lange Reden die traurige Größe des Elends
in alle Welt, daß die beiden untersten, ganz elenden
Klassen allein 89 Prozent der Gesamtbevölkerung
ausmachen. Nimmt man noch die 7!/4 Prozent der
dritten, immer noch unbemittelten und bedrückten
Klasse hinzu, so erhalten Sie 96!/4 Prozent der Be-
völkerung in gedrückter dürftiger Lage. Also von
100 Einwohnern Preußens gehören mehr als 96 zu
den notleidenden Klassen! Was ist also der Staat?
Diese 961/, Prozent sind der Staat, Fräulein Kling-
beil, neben denen die 3%/4 Prozent der Besitzenden
vollständig verschwinden. Ist das klar?“
Die Männer nickten bestätigend. Das junge
Mädchen rief: „Aber mächtig 1“
„Sie sehen also,“ belächelte Lassalle das eifrige
Verständnis, „daß der Staat überhaupt nichts an-
deres ist, als die große Gemeinschaft der arbeitenden