Path:
VIII.

Full text: Lassalle / Schirokauer, Alfred (Public Domain)

190 
erscheinung unserer gewaltig aufblühenden In- 
dustrie.‘‘ 
„Auch die elende Lage des Arbeiterstandes ?“ 
erwog Lassalle, 
„Allerdings,“ setzte Strasser jetzt wuchtig ein, 
„ein besitzloser Arbeiterstand ist die unbedingte Vor- 
aussetzung für die Nachfrage nach Arbeitsgelegen- 
heit. Oder meinen Sie etwa, Menschen, die im 
Überfluß leben, werden für mich die Arbeit ver- 
richten ? 1“ 
„Für Sie nicht, aber für sich,‘ orakelte Lassalle. 
„Ich verstehe nicht,“ wurde Strasser nervös, 
„für sich] Was meinen Sie damit?“ 
„Ich meine, das heutige Unternehmertum ist 
an der ganzen Misere schuld,“ erläuterte Lassalle 
„Jetzt entsinne ich mich,“ hob Strasser erkennt- 
nisreich die Hand. „Richtig! Damals haben Sie 
sich so außerordentlich über das Lohngesetz erregt. 
Freilich, freilich !“ 
„Ja,‘ nickte Lassalle, „das tat ich. Über das 
von Ihnen entwickelte Ricardosche Lohngesetz.“ 
„So?“ fragte der junge Fabrikant, „nennt man 
es so? Das wußte ich nicht. Mir ist es aus der 
Praxis und meiner Einsicht erwachsen. Ja, leugnen 
Sie etwa dieses Lohngesetz, Herr Doktor?“ Er 
lächelte in leisem Triumphe. 
„Bei Gott nicht!“ rief Lassalle emphatisch. 
„Keiner, der seine fünf Sinne beisammen hat, kann 
leugnen, daß dieses eherne Gesetz heute gilt. Aber 
eins leugne ich: daß es in Geltung bleiben wird.“ 
Marie zitterte, daß der Tisch leise mitvibrierte. 
Ihr Mann aber prallte auf. „Das leugnen Sie! Aber 
Doktor! Wer soll es denn aufheben?‘ Er schmun- 
zelte sein überlegenes Lächeln.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.