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nur liberal denkende Kopf kann den Italienern seine
Sympathie nicht versagen, die für das Recht ihres
Volkes auf freie Selbstbestimmung kämpfen.‘
„Aber,“ fiel Dohm ein, „kein Demokrat kann
an die Seite Napoleons treten, dieses Mannes, der
1848 durch Freiheitsschwüre zur Macht gelangte und
durch den Staatsstreich 1851 die Republik eidbündig
erdrosselt hat. Und dann —“
Hitzig unterbrach Lassalle: „Glauben Sie nicht,
daß in mir ein Funken Neigung für diesen ‚De-
zembermann‘ glüht! Aber ich sehe weiter. Er ist
wider Willen ahnungslos das Werkzeug des Welt-
geistes zur Befreiung der Menschheit geworden. Er
wird an diesem Widerspruch zugrunde gehen.“
Doch die Freunde schüttelten den Kopf. Und
die von Duncker herausgegebene Volkszeitung
brachte franzosenfeindliche Kampfartikel.
Da griff Lassalle zu seiner starken Waffe, der
Feder. Schreien wollte er, der Regierung seine
Mahnung und Warnung zuschreien, laut, laut, mit
der ganzen Kraft seiner Lungen und seines funken-
schlagenden Geistes. In wenigen Nächten warf er
seine Schrift: „Der Italienische Krieg und die Auf-
gabe Preußens‘“ nieder. „Eine Stimme aus der
Demokratie“ nannte er als Verfasser. Mit der feuri-
gen eindringlichen Kraft seiner überzeugenden Logik
wies er nach, daß die Hetze gegen Napoleon ein
kindischer Fehler sei. Wohl wäre er mit Recht ver-
haßt, aber zwischen der Person und dem Staatswesen
sei zu unterscheiden. Die italienische Erhebung sei
darum eine nicht weniger gute Sache, weil ein
schlechter Mann sie aus erbärmlichen politischen
Motiven in die Hand nähme. Louis Napoleons Re-
zierungssystem stehe im Widerspruch mit den Prin-