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VI.

Full text: Lassalle / Schirokauer, Alfred (Public Domain)

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dorf. Lassalle mußte sich Gewißheit über diesen 
neuen Frevelakt verschaffen. Er beauftragte seine 
jungen ergebenen Freunde, den Dr. Mendelsohn 
und den 'Assessor Dr. Oppenheim, den Sohn eines 
der angesehensten ‚Berliner Patrizierhäuser, die 
Baronin zu beobachten und zu versuchen, näheres 
über die Schenkungsurkunde zu erfahren. Pflicht- 
eifrig reisten sie der Baronin überall nach. In Köln, 
im „Mainzer Hof‘, stiegen die Verfolger zugleich 
mit der Meyendorf ab. Da bemerkte Oppenheim 
unter den Gepäckstücken der Baronin eine Kassette. 
Aufzuckte in ihm die Vermutung, daß diese Kassette 
jene Urkunde berge, ohne weiteres Überlegen griff 
er sie auf und eilte damit in Mendelsohns Zimmer. 
Der Arzt erbleichte. Doch um den Freund nicht zu 
verraten, barg er sie, da Oppenheim in der Eile ohne 
Koffer gereist war, in dem seinen. Dann fuhren sie 
Hals über Kopf davon, da man die Entwendung be- 
reits bemerkt hatte. In der Kassette fand sich nichts 
als 3000 Franken in Papieren, ein Kamm und ein 
Zopf vom Haupte der Baronin. Bald darauf wurde 
Oppenheim verhaftet und wegen Diebstahls vor die 
Geschworenen gestellt. Sie sprachen ihn frei. 
Jetzt kehrte Mendelsohn von Paris, wohin er 
geflüchtet war, heim und stellte sich den Gerichten. 
Wenn der Täter freigesprochen worden war, konnte 
ihn, der nur dem Freunde nach der Tat beigestanden 
hatte, doch keine Strafe treffen. Doch das Unglaub- 
liche geschah. Er wurde zu fünf Jahren Zuchthaus 
verurteilt. Freilich wurden sie im Gnadenwege zu 
einem Jahr Gefängnis gemildert. Doch sein Leben 
war vernichtet. 
Nach Verbüßung der Strafe zog er in die 
Fremde, trat als Arzt in türkische Militärdienste und
	        
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