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nur ganz leise: „Ich danke dir.“ Ihr Blick sagte all
das andere. Er nickte, wollte etwas entgegnen, doch
schon riß eine andere Dame seine Aufmerksamkeit
an sich mit der neckenden Frage nach dem Urbild
der Marie.
Er lächelte diplomatisch.
Und dann saß man im Kreise, und die Herren
kamen zu Wort. Fabrice und sein Anhang hatten
bisher stumm und abwehrend abseits des Beifalls-
rausches gestanden.
Jetzt streckte der Verleger den mächtigen bär-
tigen Kopf vor und sagte: „Das Drama sind Sie,
lieber Lassalle. Darin pocht Ihre Revolutionsseele.
Ich begreife, daß der Stoff Sie gelockt hat. Er
liegt seit 48 in der Luft. Sie wissen natürlich, daß
Böcking sich seit Jahren mit der Herausgabe der
Werke Huttens beschäftigt, und kennen gewiß die
Biographie Huttens, die David Strauß voriges Jahr
herausgegeben hat.“
„Der Stoff ist ja ganz aktuell,“ ereiferte sich
Dohm. „Die Reformation ist in der ganzen deut-
schen Geschichte der einzige politische, geistige und
soziale Kampf, der sich mit der 48er Bewegung
vergleichen läßt.“
Ehe Lassalle etwas entgegnen konnte, warf
Fabrice dazwischen: „Es ist überhaupt kein Kunst-
werk, dieses Stück, sondern ein Tendenzdrama.“
Lassalle wandte das Bronzegesicht dem An-
greifer zu. Doch ehe er zu Worte kam, parierte
Dohm:
„Natürlich ist es ein Tendenzdrama. Haben
Sie von Lassalle etwas anderes erwartet als ein
Kampfdrama ?**
„Tendenzdramen sind keine Kunstwerke,“ ora-