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habe ihn liebgewonnen. Ein kluger Mensch ist er,
und für die Fabrik könnte ich mir keinen tüchtigeren
Teilhaber wünschen.“
„Ich kenne ihn ja gar nicht,“ begann Marie ihre
Abwehr. „Du kennst ihn nicht!“ Der Alte ließ das
Streichholz sinken, mit dem er eben die Zigarre in
Brand setzen wollte. „Du kennst ihn nicht?“
„Nein, Papa. Er hat doch nie mit mir ge-
sprochen. Immer nur Geschäftliches mit dir.“
„Er hat doch oft genug über Kunst und Theater
und alles Mögliche geredet, und du hast dich be-
teiligt.‘“ Der Vater zog die Luft ein. Das Zigarren-
ende glühte auf in rotem Kreise,
„Ich habe nie in ihm einen Bewerber gesehen,“
gestand Marie zögernd. „Und ich kann auch keinen
in ihm sehen.“
Der Alte schwieg und betrachtete stumm die
glimmende Zigarre. Da sprang Marie auf, trat zu
ihm, legte den Arm um seinen Nacken und heu-
Chelte: „Ich mag noch nicht heiraten, Papa. Laß
mich doch noch! Du brauchst mich ja auch.“
„Ich brauche einen Nachfolger.‘ sagte Krafft
ernst.
„Sieh mal,“ schmeichelte sie, „wer soll für das
Haus hier sorgen ?“
Da schwieg der Alte. Eine Pause, schwer von
bösen Erinnerungen, sank nieder. Sie dachten beide
an die Frau, die vor langen, langen Jahren mit dem
italienischen Sänger von ihren Pflichten und ihrer
Liebe in Nacht und Nebel davongelaufen war.
Endlich erhob sich Krafft. „Es ist doch nicht
am Ende noch Lassalle, der meiner kleinen Marie
im Kopf herumspukt?“ lächelte er mit kaum ver-
borgener Sorge. Sie umkrallte die Stuhllehne,
Schirokuuer. Lassalle. =