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facher Schlosserjunge bin ich anno 13 nach Berlin
gekommen.‘
Marie blickte bewundernd auf den Vater. Doch
Strasser sagte geschäftskundig:
„Mit Kraft, Energie, Können und Fleiß ist auch
heute in unserer aufblühenden Industrie noch groß
zu werden. Nur darf man keinen Gefühlsduseleien
nachgehen. Sie haben recht, daß Sie heute arbeiten
lassen, Herr Krafft. Wir lassen heute ruhen, damit
die Arbeiter den Festtag genießen können.‘
„Ih, wo werd’ ich!“ wies Krafft von sich.
„Ich glaube überhaupt,‘ fuhr Strasser fort, und
die Augen, die vorhin, als er von dem Kunstwerke
des Reinhold Begas sprach, in zarter Begeisterung
geleuchtet hatten, wurden hart und grausam, „große
Erfolge erzielt man nur, wenn man in dem Arbeiter
das sieht, was er für den Fabrikherrn sein muß: eine
Ware, die er zu dem billigsten Preise handelt!“
Lassalle warf den Kopf auf. Marie bemerkte
es. Der alte Krafft nickte eifrig. „Ganz gewiß.
Der Arbeiter darf uns nichts sein, als eine Ziffer
in unserer Kalkulation. Das ist das ABC jeder
Fabrikation.‘
„Das heißt mit anderen Worten,‘ fuhr Lassalle
erregt dazwischen, „je größer Ihr Unternehmer-
zewinn ist, desto weniger erhält der Arbeiter.“
„Nein,“ klärte Strasser sachlich auf. „Die
Frage, ob der Unternehmer viel verdient oder wenig,
berührt den Arbeiter kaum. Er erhält als Lohn stets
nur soviel, als er zum notwendigen Unterhalt für
sich und seine Familie braucht.‘
Und begierig, seine Unternehmertüchtigkeit vor
dem großen Fabrikherrn zu erweisen, packte der
junge Streber seine Weisheit tüchtig aus: