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Berlin 1882-1907 1. In der Universitätsklinik

Full text: Ernst von Bergmann / Buchholtz, Arend (Public Domain)

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In der Klinik. 
er hielt darauf, daß die Assistenten den Schwestern selbst da, wo diese 
nicht genügten, mit Milde und Rücksicht begegneten. Man sollte 
auch in der Hitze des Operationsgefechts nicht vergessen, sie „als 
Damen“ zu behandeln. Auch das Wartepersonal hatte vollen Anlaß, 
mit dem Chef zufrieden zu sein. Strenge und Wohlwollen ließ er 
auch ihm gegenüber walten, und nur dadurch war möglich, daß die 
tüchtigsten Wärter und Wärterinnen an der Klinik eine Lebensstellung 
fanden. Man muß sie selbst reden hören, um zu wissen, wie sehr sie 
ihn verehrten. Er verstand aber auch, im rechten Augenblick sie zu 
packen, und Gelegenheiten wie den Weihnachtabend ließ er nie un— 
benutzt, mit jedem einzelnen ein paar freundliche Worte zu wechseln, 
ihm die Hand zu drücken und zu beweisen, daß er seine Arbeit anerkenne. 
Er nannte sie gern seine alte Garde. Als einer aus dieser Garde um 
seine Entlassung bat, versagte sie ihm Bergmann und fragte nach dem 
Grunde. Er erfuhr, daß er heiraten wolle, und die Verwaltung, 
besonders die Hausdame, ihm die Einrichtung einer Wohnung ver—⸗ 
weigerten. Bergmann schloß eine Stunde früher das Kolleg, bat 
die Verwaltung zu einer Beratung, und unmittelbar nach ihr hatte 
der Wärter zusagenden Bescheid. So mancher von ihnen hat eine 
vorteilhaftere Stellung mit der Begründung abgelehnt: „Solange 
unser alter Herr bleibt, bleiben wir auch.“ Jahr für Jahr pilgern 
sie an seinem Todestage nach Potsdam hinaus, um am Grabe ihres 
unvergeßlichen Herrn einen Kranz niederzulegen. 
Wir lassen diesen Berichten noch die Eindrücke und Erlebnisse eines 
Studenten aus den Jahren 1901 bis 1903 folgen: des Dr. Wilhelm 
Baetzner, der zuerst als Student, dann als Assistent sein Schüler 
war und noch heute in derselben Stellung bei seinem Nachfolger tätig 
ist. Er schreibt: 
„Der Student, der Bergmanns Kolleg besuchte, stand immer unter 
dem Eindruck besonders ernster, ja feierlicher Stunden. Trotz körper— 
lichen Unbehagens, denn man war unmittelbar nach dem Mittags— 
essen in alte, unbequeme Holzbänke, im Sommer in überhitzten, im 
Winter in schlecht ventilierten Räumen, eingezwängt, fühlte man bald 
den Geist angeregt und emporgehoben durch die Behandlung und 
Anordnung des Stoffs, packende Schilderung und formvollendeten 
Vortrag, besonders aber durch die persönliche autoritative Auffassung 
und Wiedergabe. 
Immer trat klar zutage, daß Bergmann mit Herz und Sinnen 
bei der Sache war, getragen von hohem Idealismus, durchglüht vom 
Feuer der Begeisterung für seine Aufgabe als Lehrer überhaupt wie 
für die medizinische Wissenschaft und die Chirurgie besonders. Wie 
oft gab er nicht dem Gedanken Ausdruck: Nicht ein Handwerk, sondern 
eine Kunst pflegen und hegen wir, und wer diese Auffassung nicht zu
	        
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