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sein sozialgesinnter, reichstagsfreundlicher Minister für Handel und
Gewerbe, Freiherr von Berlepsch, durch einen andersdenkenden Mann
ersetzt. Im Winter darauf überkam es den Landtag wie eine Sucht,
durch Kritik am Reichstag der preußischen Regierung den Nacken
zu steifen. Sie hatte damals das Versprechen des Kanzlers zum
Bürgerlichen Gesetzbuch einzulösen, daß sie das politische Vereinsrecht
ändern werde. Nun versuchte sie, gegen die Lockerung oder Preisgabe
einiger hemmender Bestimmungen vom Landtage eine wesentliche Aus⸗
dehnung der Polizeigewalt einzutauschen. Lieber interpellierte am
18. Mai 1897 im Reichstag. Er sah in der Absicht des Einzelstaats
ein Attentat gegen das Reich. Er nannte die Forderung des Land—
tags, daß Preußen im Bundesrat nicht überstimmt werden dürfe, eine
Anmaßung. Den Landtag selbst behandelte er als Parlament, dessen
Beratungen politische Beachtung nicht mehr zukäme. Im Juli griff
er fast noch schneidender in die letzte Erörterung des Abgeordneten⸗
hauses über den Entwurf ein und beschwor sogar die Schatten des
Kulturkampfs herauf. Die Nationalliberalen halfen ihm, die Vorlage
zu Fall zu bringen. Darauf hielt sich Preußen wieder zurück, die
Spannung jedoch bestand fort, und in den kleinen Staaten ward die
Stimmung bedenklich.
Lieber hat sich über die tiefer bedingte, ernste Natur dieser Vor⸗
kommnisse kaum noch aufgeklärt. Er hatte sich daran gewöhnt, mit
den Ministern und Staatssekretären sich von Fall zu Fall zu benehmen,
sowie ihnen durch parlamentarisches Entgegenkommen und glatte Er—⸗
ledigung ihrer Vorlagen die Tätigkeit zu erleichtern. So faßte er die
Reibungen persönlich. Allmählich disponierte er sich sogar, alle Schuld
an den Verstimmungen auf einen einzigen Mann zu werfen.
Zu derselben Zeit, da er selber anfangs der Mer Jahre die
Führerschaft in seiner Partei und im Reichstag gewann, war sein
einstiger Genosse im Parlament, der hannöversche Nationalliberale
Miquel in das preußische Ministerium aufgenommen worden. Vorerst
konnte es als gute Fügung gelten, daß der Hannoveraner und der
Nassauer gleichzeitig zu maßgebender Stellung gelangten. Zwar ge—
hörten sie verschiedenen Parteien an, hatten aber in ihrem politischen
Urteil viel Gemeinsames und waren einander freundlich gesinnt. Da
sie beide aus Provinzen stammten, die erst 1866 erworben worden
waren, jedoch durch ihre politische Tüchtigkeit von alters in Ansehen
standen, konnten sie vor anderen dazu beitragen, den Gegensatz zwischen