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Sechster Abschnitt. Der "Reichsregent"

Full text: Ernst Lieber als Parlamentarier / Spahn, Martin (Public Domain)

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lischen Volk und den Regierungen) angebahnt“; nur der Geheimrat, 
fügte er spöttisch hinzu, ist der einzige ruhende Punkt in der Er— 
scheinungen Flucht. Von den Fraktionen hatten sich Teile der Mittel⸗ 
parteien im Laufe der Sessionen dem Zentrum am meisten genähert. 
Das Beispiel dazu gab an erster Stelle der greise Bennigsen. Mit 
einer Wärme, die derselben Quelle entsprang wie die Liebers, trug er 
zur Entfaltung des Reichsorganismus bei. Er war mit Lieber in 
Verbindung getreten, als sie die Annahme des Bürgerlichen Gesetzbuchs 
sicherten, und hatte das persönliche Ergebnis des damaligen Kompro⸗ 
misses in die freundschaftlich bedauernden Worte zusammengefaßt: 
„Wir haben uns früher nicht gekannt.“ Fortan benutzte er die Ge— 
legenheiten, um auch öffentlich den Wandel seines Urteils über das 
Zentrum Lieberscher Führung auszusprechen. In derselben Richtung 
wirkten in der Reichspartei der feurige Kardorff und auf stillere Art 
Freiherr von Stumm. Daß unter den Nationalliberalen durch Basser— 
mann und Freiherrn von Heyl eine der Sozialpolitik ergebene Gruppe 
emporkam, die eine natürliche Geneigtheit zur Verständigung mit dem 
Zentrum zeigte, schien der Annäherung von Fall zu Fall Dauer zu 
verheißen. Aber ohnehin konnte jeder Baustein am Reich, den die 
Parteien gemeinsam legten, als Bürgschaft gelten, daß der Geist der 
Gemeinarbeit im Reichstag erstarkte. Freiherr von Stumm hat am 
Schlusse der Legislaturperiode von 1893,98 einmal ausdrücklich die 
großen Erfolge gerühmt, die das Zusammenwirken von Reichstag und 
verbündeten Regierungen in diesem Reichstag erzielte. Man wird von 
dem Zusammenwirken sogar sagen dürfen, daß es diesem Reichstag 
sein Gepräge gab. Die Geschichte aber würde unbillig urteilen, wenn 
sie nicht einen beträchtlichen Anteil daran Lieber zugute schreiben würde. 
Eben darin wird sie seine bleibende Bedeutung für die innere Ent— 
faltung des Reiches finden müssen. 
Indessen fällt auf, daß sich unter den Ergebnissen, die Lieber 
als Parteiführer erreichte, keines unmittelbar auf das sozialpolitische 
Entwickelungselement des Reiches bezog. Es lag nicht daran, daß 
sich in jenen Jahren eine Ermüdung des sozialpolitischen Eifers, nament⸗ 
lich in der Beamtenschaft, bemerklich machte und das Interesse hier 
und da versumpfte. Man mußte allerdings langsamer als in den 
8Oer Jahren gehen, um zu sichten und Erfahrungen zu sammeln. 
Die nötigste Staatshilfe auf sozialem Gebiete, sei es zur Arbeiter⸗ 
bersicherung oder zum Arbeiterschutz, war 18993 gewährt. Man mußte
	        
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