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Fünfter Abschnitt. Mitarbeit am Reiche. Bürgerliches Gesetzbuch und Flottenvorlage. 1894-1898

Full text: Ernst Lieber als Parlamentarier / Spahn, Martin (Public Domain)

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würden; denn sie wollten „für alle Zukunft Zeugnis ablegen, daß 
wir nicht minder als andere im deutschen Reichsstag bereit waren und 
sind, dies Werk, einen Markstein in der Rechts- und Volksgeschichte 
des Vaterlandes, mit aufzurichten“. Tags darauf verlas Fürst Hohen 
lohe ein kaiserliches Schreiben, daß der Reichstag sich um das Vater— 
land wohlverdient gemacht habe. Der greise Führer der National— 
liberalen, der ein Menschenalter deutscher Geschichte und mehr durch— 
gekämpft hatte, dankte zum Sessionsschluß dem seit jenem Bismarck 
tage „ultramontanen“ Präsidenten für seine Geschäftsleitung. Erreicht 
war der Höhepunkt von Liebers Fraktionsführung in ihrem Einfluß 
auf den inneren Fortschritt seiner Partei wie auf die innere Festigung 
des Reichs. Er hat denn auch darauf gepocht, daß die Annahme 
des Bürgerlichen Gesetzbuchs „die größte vaterländische Aufgabe ge— 
wesen sei, die seit der Einigung des Reichs zu lösen war“. 
Eine kurze Ruhepause wurde dem Reichstag vergönnt. Der 
nächste Winter beschäftigte ihn ausschließlich mit Gesetzentwürfen, die 
eine Folge des Bürgerlichen Gesetzbuches oder der finanzpolitischen 
Maßnahme des Vorjahres waren. Bei der Intensität, mit der sich 
das Reich damals entfaltete, war freilich auch von ihnen keine ohne 
allgemeine Bedeutung. Lieber beteiligte sich persönlich bloß an der 
finanzpolitischen Vorlage, sie war seine Herzensangelegenheit und sein 
Stolz. Durch sie regte diesmal der Bundesrat eine regelmäßige Schulden⸗ 
tilgung an. Er versuchte dabei deren Rückwirkung auf das Kassen⸗ 
wesen der Bundesstaaten mehr in seinem Sinne zu ordnen, als es 
1896 geschehen war, und brachte in der Vorlage den grundsätzlichen 
Unterschied deutlich zum Ausdruck, der zwischen ihr und den Reform—⸗ 
bestrebungen der Jahre 1894 und 1895 in Hinsicht auf den Zweck 
bestand. Lieber bestätigte es; denn seit dem Vorjahr sah er die Wurzel 
alles Äbels wieder ausschließlich in der Anleihewirtschaft, worin er sie 
ehedem auch in Preußen gesucht hatte, und er dachte, daß sie durch 
regelmäßige Schuldentilgung, sowie durch Vereinbarung neuer Normen 
der Etatstechnik, wofür die Haushaltskommission der rechte Ort schien, 
allmählich auszurotten wäre. Seiner Erklärung fügte er damals hinzu, 
daß die Absicht des Bundesrats im Reichstag als vertagt gelte, und be— 
trieb den eigenen Plan um so dringlicher. Sowohl der Budgetpolitiker der
	        
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