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Vierter Abschnitt. Russischer Handelsvertrag. Reichsfinanreform. Winter 1893/94

Full text: Ernst Lieber als Parlamentarier / Spahn, Martin (Public Domain)

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dauernd aus seinen Überschüssen speisen könnte, und alle Beteiligten 
bezeichneten dies ausdrücklich als den zweiten Zweck der Klausel. Das 
Reich bedeutete damals praktisch noch wenig. 
Gleich darauf begann das außerordentliche Wachstum des Reichs⸗ 
organismus und die Entwickelung des Reichsetats. Der Reichstag 
knauserte nicht in der Erschließung weiterer Einnahmen. Fünfzehn 
Jahre später hatte das Reich dennoch eine Schuld von zwei Milliarden 
Mark, obwohl im ganzen nur 400 Millionen mehr an die Einzel⸗ 
staaten abgeführt worden waren, als diese durch Umlagen ersetzten. 
Die zwischen dem Schatzamt und den Finanzwministerien jährlich hin 
und her zu schiebenden Summen waren so groß geworden, daß die 
Übersicht über sie verloren ging. Die Ansprüche des Reichs an die 
Staaten entzogen sich der Vorausberechnung der Minister auch nur 
für das nächste Jahr. 
Diese Wendung zum Schlimmen fiel in ihren Anfängen schon 
ins Jahr 1884. Damals fand sich nicht der Mann dazu, der zur 
rechten Stunde für die Fortbildung der Franckensteinschen Klausel sorgte. 
1894 sollten die Einzelstaaten zum ersten Male mehr herausgeben, als 
das Reich ihnen in die Kasse zahlte. Nun betrieb Miquel die Reform. 
Aber auch seine bisher so glückliche Hand versagte. Vor allem war 
er, soweit man heute zu sehen vermag, allzusehr preußischer Staats⸗ 
mann und Finanzminister geworden. Daher legte er das Werk nicht 
sowohl als Reichsfinanzreform an, sondern entwarf es, als ob es ein 
Glied seiner preußischen Finanzreform wäre. Weniger der Not des 
Reichs zu helfen, schien sein Plan geeignet, als einseitig „die Einzel⸗ 
staaten gegen wechselnde Ansprüche des Reichs“ zu sichern. Miquel 
verhehlte nicht einmal, daß ihn die augenblickliche Ungunst der Finanz⸗ 
lage zunächst bestimme, und gab zu, daß die Reform noch Zeit hätte, 
wenn man auf eine wirtschaftliche Aufwärtsbewegung in Deutsch— 
land mit höheren Abgabeerträgen hoffen dürfte. Unter Berufung auf 
den zweiten Zweck der berühmten Klausel verlangte er eine Entschädi— 
gung der Einzelstaaten dafür, daß ihnen 1879 eine dauernde Über⸗ 
schußwirtschaft des Reichs zu ihren Gunsten verheißen worden sei, 
die nicht stattgehabt hätte. Sie sollten fortan an Stelle des Reichs 
Rentenempfänger aus den Reichseinkünften werden und aus ihnen 
jährlich 40 Millionen Mark vorweg beziehen. Dafür wollten sie dem 
Reich die Verfügung über seine Finanzen freigeben und nichts mehr 
mit ihnen zu tun haben. Jener Mangel der Miquelschen Vorlage,
	        
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