Erster Abschnitt.
Eintritt ins öffentliche und parlamentarische Leben.
1838 1878.
Am 14. Dezember 1870 trat das preußische Haus der Abgeord⸗
neten zu seiner Wintersession in Berlin zusammen. Als der Geschäfts—
ordnung gemäß in der ersten Sitzung die Jahrgänge von 1840
rückwärts aufgerufen wurden, um die jüngsten Mitglieder des Hauses
zu ermitteln, meldeten sich als erste außer einem 1840 geborenen Herrn
zum Jahre 1838 Ernst Lieber und Eugen Richter. Lieber begann
mit jenem Tage seine parlamentarische Laufbahn.
Das Haus war im November gewählt worden. Die Nation
hatte soeben ihre großen Siege über Napoleon III. davongetragen; ihr
Heer hatte aber noch den Winterfeldzug wider das französische Volks—
aufgebot der Republik vor sich. In eben den Tagen wurden dem
norddeutschen Reichstag und den süddeutschen Parlamenten Verträge
vorgelegt, die das Deutsche Reich schaffen sollten. Traten sie in Kraft,
wie es sicher zu erwarten stand, so war die Wendung in der Geschichte
Preußens besiegelt, die sich seit 1806 angekündigt hatte: sein ostelbisches
Gepräge konnte dann nicht mehr bestehen, der Staat Friedrichs des
Großen ward tief in die politischen und kultürlichen Verhältnisse Inner—
deutschlands hineingezogen.
Indessen, so sehr Reichsgründung und Krieg alle preußischen
Politiker bewegte, unmittelbarer erregte viele von ihnen die kirchen—
politische Lage. Zwar kam ihr nicht dasselbe weltgeschichtliche Ansehen
zu, aber sie erschien parlamentarisch dringlicher. Es war länger als
vier Jahrzehnte in Deutschland ein Kampf der kirchenpolitischen Gruppen,
auch ein Kampf von Staat und Kirche im Anzug. Er hatte bald
hier, bald dort zu heftigen, obwohl noch örtlich begrenzten Ausbrüchen
geführt. Daß Preußen seit der Errichtung des Norddeutschen Bundes