Parteien weit auseinander. Was speziell den wichtigsten Punkt für
den Getreidehandel, den Terminhandel anbelangt, so glaubte die
Rezierung, daß derselbe mehr Vorteile als Nachteile mit sich bringt,
und an ein Verbot war in dem Entwurf ebensowenig gedacht, wie
in dem Bericht der Börsenenquetekommission Derartiges verlangt
war. Vielmehr hoffte man durch Verschärfung der Börsendisziplin
und durch Einführung eines Terminregisters für Waren die Teil-
nahme unberufener Personen an der Preisbildung verhindern zu
können. Aber der Reichstag gab sich damit nicht zufrieden, be-
sonders bei dem allgemeinen Widerwillen der Agrarier gegen die
Tätigkeit der Börse überhaupt, die den internationalen Charakter
des Getreidehandels am vollendetsten zum Ausdruck brachte, ge-
wannen die Bestrebungen für ein Verbot des Terminhandels immer
mehr an Boden.
„Dazu kam die Unkenntnis des Börsenwesens in weiten Kreisen
der maßgebenden Persönlichkeiten und eine heftige Agitation, welche
die Leidenschaften derart entflammt und eine solche Flut von Be-
hauptungen und sinnlosen Vorwürfen umhergeworfen hatte, daß auch
klarer Blickende in diesem Wirrsal des rechten Weges verfehlten“ 1).
Die Regierung versuchte vergeblich diesen unüberlegten Schritt eines
Terminhandelsverbotes zu verhindern; während es in der Kommission
noch gelungen war, den anfangs schon gefaßten Beschluß wieder
rückgängig zu machen, indem die Regierung den Antrag energisch
bekämpfte, nahm die dritte Lesung denselben wieder auf, und zwar
wurde der Paragraph, der das Verbot des Terminhandels in Getreide
und Mühlenfabrikaten aussprach, mit der stattlichen Majorität von
200 gegen 39 Stimmen angenommen, obgleich es an Warnungen
wahrlich nicht gefehlt hatte ?). Nicht mehr volkswirtschaftliche Er-
wägungen, sondern politische Machtverhältnisse gaben den Aus-
schlag 3), und die krasseste Interessenpolitik trat offen zu Tage.
Man hoffte, so in der Preisbildung vom Einfluß des Weltmarktes
unabhängig zu werden, und die heimische Produktion bei derselben
wieder zur vollen Geltung zu bringen, was bei der Betrachtung des
Terminhandels im nächsten Abschnitt noch deutlicher werden wird.
Von Bedeutung für die Produktenbörse sollte ferner noch der
8 4 des Gesetzes werden. Es war schon lange auch von der Regie-
rung als eine nicht ganz unberechtigte Forderung der Landwirte
angesehen worden, bei der Entscheidung von Fragen, die, wie
die Festsetzung der Preise und der Lieferungsqualität, für sie von
I) G. Wermert a. a, O., S. 191.
2) So schrieb z. B. Eschenbach, den sicher der Vorwurf eines Börsenfreundes
nicht treffen kann, in Bat 68 der Preußischen Jahrbücher (S. 517): „Ein Verbot des
Terminhandels würde in letzter Linie die juristische Ungültigkeit überhaupt aller Zeit-
bez. Fixgeschäfte involvieren, eine Möglichkeit, die für viele Zweige des modernen
Wirtschaitslebens geradezu zum Ruin führen müßte.‘“ Mit Recht sagt derselbe Autor
an anderer Stelle („Zur Börsenreform‘, S. 45), der Gedanke, überhaupt das Termin-
und Zeitgeschäft ganz zu verbieten, zeuge von einer so ungeheuerlichen Ignoranz und
Kurzsichtigkeit, daß auf ihn näher einzugehen wohl überhaupt nicht nötig sei.
2) F. Galdenbaum a. a. O0. in Sehmollers Jahrhuch Bd. 24. 8. 2923.