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werden. Er war verschwunden, und die Bemühungen, ihn auf—
zufinden waren vergeblich.
Inzwischen mochte wohl Reuschel das Vorhaben Dame's
erfahren haben, er kam selbst um das Privilegium eines Hof—
buchbinders ein, welches er am 22. August 1650 erhielt.
In dieser Urkunde, die wörtlich mit der für Dame aus—
zefertigten übereinstimmt, heißt es:
Wir thun wissen, daß wir unsern lieben Martin
Reuschel zu unserm Hofbuchbinder bestellt und an—
zenommen, dergestallt, daß er Uns getrew und gehorsam
seyn und alles dasjenige was wir ihm an Büchern zum
Einbinden zustellen lassen werden, für aller andrer Ar—
beit, so er hat, also, wie wir es haben wollen, mit
allen fleiße sauber und gut, daß Wir unser gnädigstes
Vergnügen daran haben können, verfertigen soll.“
Im ferneren wurde ihm gestattet, soviel Gesellen, als er
nöthig habe zu halten, Jungen zu lehren und zugleich allerhand
Bücher zu kaufen und zu verkaufen!).
Reuschel verlegte nun seinen Wohnsitz nach Berlin, wo—
selbst er auch zwei Jahre später 1653 das Bürgerrecht erlangte?).
Er begegnete hier aber großen Schwierigkeiten seitens seiner
Berufsgenossen; denn der in Wittenberg wieder aufgetauchte
Dame, schmähte ihn dort vor dem handwerk und nannte ihn
einen Schelm, der ihn, den Dame, aus der Hofarbeit gedrängt
habe. Diese Schmähung wurde nach Berlin übermittelt und
Reuschel auch hier vom Handwerk für bescholten erklärt. Der
Scheltruf verfehlte seine Wirkung nicht; die Meister mieden den
Umgang mit Reuschel und kein Geselle sprach ferner bei ihm
um Arbeit an oder wurde ihm zugeschauet.
) Gehr. Staatsarchiv.
) Städt. Archiv. Bürgerbnch.