80
Die Kunstpflege will durch Gewöhnung an gute Lektüre
und Musik, durch Würdigung künstlerischen Hausrats und Wand⸗
schmucks, durch Pflege des Farben- und Formensinns die künftige
Hausfrau anleiten, bei bescheidensten Verhältnissen und mit be—
scheidensten Mitteln ihr Heim und ihre Lebensverhältnisse so
schön zu gestalten, wie es ihrem Stande und ihren Kräften ent⸗
spricht. Sie soll ihnen die Wege eines berechtigten vernünftigen
Lebensgenusses weisen, der Leib und Seele zugleich Erfrischung
und Stärkung gewährt. Vorwiegend aber ist dieser Unterricht
bestrebt, die Zöglinge zum selbständigen Urteil hinüber zu leiten
und sie aus dem Banne der Modetorheiten, der Schundliteratur,
des Imitationsschwindels und anderer Schäden der Gegenwarts⸗
kultur zu befreien und will eine wohltuende Ergänzung der
Verstandeskultur durch Pflege des Gemütslebens und Läuterung
des Geschmackes schaffen.
Die Erziehungslehre hat zum Gegenstande der Besprechung
die geistige und sittliche Erziehung des Kindes und macht die
Schülerinnen mit den Pflichten einer Kinderpflegerin und Mutter
vertraut. Hier gilt es, Verständnis für das erwachende und sich
entwickelnde Seelenleben des Kindes zu wecken, die ersten sich
regenden Sinnesäußerungen zu verstehen, sie zu pflegen und zu
üben, die Phantasie des Kindes zu beleben, zu reinigen, zu leiten
durch aufmerksame Bewachung des Spiel- und Täatigkeitstriebes,
Hemmungskräfte zur Beherrschung der niederen Instinkte erzeugen
zu lernen und vor allem den Wert der individuellen und kollek—
tiven Selbstbetätigung zur Entfaltung der in dem Kinde schlum—
mernden Kräfte, zur Herausbildung einer selbständigen und ge—
meinschaftstüchtigen Persönlichkeit zu lehren und Wege und Mittel
zur Entwicklung dieser Kräfte zu zeigen, die der Natur des Kindes
entsprechen.
Die Staatsbürgerkunde sucht in den Mädchen den Sinn
für die Bedeutung ihrer Rechte und Pflichten als Glied ver—⸗
schiedener Gemeinschaftskreise (Familie, Gemeinde, Kreis, Provinz,
Staat) wachzurufen und die Grundlagen eines gesunden, glück—
lichen Familienlebens und die wichtige Stellung der Frau als
Mittelpunkt der Familie, ihre Aufgaben als Gattin und Mutter