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IV. Jugendvereine

Full text: Praktische Erziehungsarbeit im Fürsorgeheim "Am Urban" / Plass, Louis (Public Domain)

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Der Gesangverein „Lorbeerkranz“ ist ein ureigenstes Er— 
zeugnis der Anstaltszöglinge selbst. Er ist ohne jede Anregung 
seitens der Erzieher aus dem Verlangen der Kinder heraus ge— 
boren, sich selbst ein Organ gemeinschaftlicher Selbstbetätigung 
im Dienste der Anstalt zu schaffen, wurde dann aber durch Mit— 
wirkung eines Erziehers und eines Lehrers weiter ausgebaut 
und befruchtet. Er verfügt über ein ansehnliches Repertoir schöner 
patriotischer und religiöser Volkslieder, und dieselben sind durch 
seine Vermittlung geistiges Eigentum der übrigen Zöglinge ge— 
worden. Auch einige moderne Gesangstücke wie die Kompositionen 
von Lilienerons Gedicht „Die Musik kommt“ oder Buschs „Mai— 
käferstreich“‘ haben durch diesen Verein Eingang in unser Anstaltsleben 
gefunden. Seine Hauptaufgabe erblickt er darin, an den Geburts⸗ 
tagen von Vorgesetzten sinnig zusammengesetzte Ständchen zu bringen 
und besondere Vereinsfeste durch den Beitrag ihrer gesanglichen Pro— 
duktionen zu verschönern. Aus der sich immermehr steigernden 
Mitgliederzahl läßt sich erklären, daß in den Kindern der Wunsch 
reifte, auch ein äußeres Zeichen ihrer Zusammengehörigkeit, ein 
Banner, ihr eigen nennen zu dürfen. Es mag dieser Wunsch 
auch weiter seine Begründung dadurch erfahren, daß die Mit— 
glieder des Gesangvereins hinter den andern Vereinen, die eine 
Fahne besitzen, nicht zurückstehen wollten. Ihrer Bitte kam man 
gern nach, und als einen Höhepunkt im Vereinsleben sahen die 
Mitglieder den Tag an, an welchem ihnen nach feierlicher Fahnen⸗ 
weihe ein schön geschmücktes Banner überreicht wurde. An 
Interesse gewinnt dieses Ehrenzeichen dadurch, daß an den 
zeichnerischen Arbeiten zu demselben ein Zögling der Anstalt mit⸗ 
gewirkt hat. Das weiße, von breiten blauen Streifen umsäumte 
Feld des Banners schmückt eine goldene Lyra, die von einem 
Lorbeerkranz umrahmt ist. — Eine wohlgelungene Probe seines 
Könnens hat der Verein abgelegt, indem er gelegentlich der Feier 
des letzten Geburtstages des Kaisers den von Karl Hirsch 
komponierten dreic, zum Teil vierstimmigen Satz „Für Kaiser 
und Reich“ vortrug. Mit seinem, die Kaiserproklamation zu 
Versailles verherrlichenden Inhalt schloß sich das Werk, von 
Deklamationen begleitet, dem Verlauf unserer Feier im Andachts⸗ 
raum würdig an.
	        
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