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ihnen selbst erdacht und eingeübt wurden, daß endlich der
kollektiven Selbstbetätigung ein möglichst großer Spielraum ge—
lassen ward, wurde der Reiz an diesen Spielen und die kindliche
Freude darüber erhöht.
Noch größere Anziehungskraft besaßen die Theatervor—
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tagen (am Sedanfest und an den Geburtstagen des Kaisers und
der Kaiserin) veranstaltet werden. Dank der eifrigen und freudigen
Mitwirkung einzelner Lehrer und Lehrerinnen, Erzieher und Er—⸗
zieherinnen gelang es, eine Bühne herzustellen, die alle Ein—
richtungen besaß, wie man sie von einer Dilettantenbühne er—
warten konnte. Wald-, Dorf-, Stadt-, Rittersaal-, Hauskulissen
und Hintergrund wurden in der Anstalt gemalt. Ebenso wie
diese erhielten das Proszenium und der Vorhang der Bühne
künstlerischen Schmuck. Die Bühne selbst wird elektrisch beleuchtet.
Die sonstigen Theaterrequisiten, vor allem die Kostüme, wurden
unter Anleitung der Erzieher und Erzieherinnen selbst hergerichtet,
wodurch die Erfindungsgabe zur Verwirklichung künstlerischer
Ideen gefördert und so auch das Theater in den Dienst der Arbeits—
erziehung gestellt und von ihr befruchtet wurde. Es ist noch die
Frage, ob die Herstellung der Theaterrequisiten zu den denkbar niedrig⸗
sten Preisen und mit den unscheinbarsten Mitteln, an deren Herstellung
ebenso viele Kinder beschäftigt waren wie an der Vorstellung selbst,
mehr Freude verursachte, oder die eigentliche Theatervorstellung.
Um dieselben möglichst vielseitig zu gestalten und einem möglichst
großen Kreise der Kinder die Mitwirkung zu ermöglichen, wurden
in den meist 8—4 Stunden in Anspruch nehmenden Vorstellungen
8—10 verschiedene Aufführungen geboten: ein patriotisches Stück
zur Pflege der vaterländischen Gesinnung und der Liebe zum
angestammten Herrscherhaus, ein Märchen meist mit ethischer
Tendenz zur Belebung der kindlichen Phantasie, musikalische
Genüsse mannigfaltigster Art, auch mit Instrumental⸗
begleitung und Musikkapelle (Trommler- und Pfeiferkorps, Kinder⸗
kapelle, Mundharmonika⸗, Handharmonika-, Okarinakonzert), zur
Förderung des Musikverständnisses und Veredlung der Gesangs—
kunst, heitere Stücke, lebende Bilder, Reigen oder sonstige Dekora⸗
tionsstücke zur Bildung des Geschmacks, turnerische Darbietungen