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nachteilige hemmende Schranken auferlegt. Lauf-, Wett-,
Ring-, Wurfspiele, Reigen und Gesellschaftsspiele wechseln in
bunter Reihenfolge neben- und nacheinander ab. Hier wird die
Phantasie der sexuell Verirrten von unreinen und unlautern Ge—
danken abgelenkt, hier werden auch die Kräfte, Muskeln und
Nerven des Körpers in Tätigkeit gesetzt, welche während des
Unterrichts und der Arbeit noch nicht zur Entfaltung gelangt
sind. Hier werden die trüben Geister des Mißtrauens, der Ver⸗
bitterung und des Unfriedens, mit denen die Zöglinge oft behaftet
sind, überwunden und verscheucht. Hier erschließen sich die Herzen
der Kinder den Erziehern und gewähren dem forschenden Auge
des letzteren einen tiefen Einblick in ihr Seelenleben und offen⸗
baren ihm seine besonderen Fähigkeiten, Vorzüge und Neigungen.
— „Im munteren Bewegen werden alle Kräfte kund.“ — Als
härteste Strafe wird es empfunden, wenn ein Zögling wegen
mangelhafter Leistungen und Fleißes in der Schule von diesem
Spiel auf 3/4 Stunde ausgeschlossen wird, um Strafarbeiten zu
machen. Manchmal ziehen auch größere Kolonnen der Kinder
hinaus auf die benachbarten Felder oder in den Machnower
Busch, um Drachen steigen zu lassen oder um hier Kriegs- oder
Wettspiele in größerem Stil zu veranstalten, bei denen dann die
Spielleiter, welche besonders mit der Taktik des Spieles vertraut
waren, ihre Auszeichnungen, bestehend aus einer roten oder blauen
Schärpe, anlegen. Für die Mädchen sind noch besondere Spiele
vorhanden, die bezwecken, ihr Interesse für das Leben der Familie
und des Hauses zu wecken. Jedes Mädchen hat bis zu einem
gewissen Alter erwachender Selbständigkeit sein eigenes Puüppchen
zu kleiden, zu putzen und instand zu halten. Reigen und künst—
lerisch aufgeführte Tänze bilden bei ihnen einen besonders be⸗—
liebten Gegenstand der Unterhaltung (wie Holländer-, Tiroler-,
Zigeuner⸗, japanischer, norwegischer Reigen u. dgl.). Jedoch auch
bei den Knaben gehören auch gewisse Reigen wie Keulen-,
Matrosen-, Hantel-, Stab⸗, Fackel- und Fahnenreigen u. dgl. zu
den besonders gepflegten Spielen. Dadurch, daß der weitaus
größte Teil der Spielgeräte und die zu den Reigen erforder—
lichen Kostüme, Blumen, Schärpen, Fahnen usw. von den
Kindern selbst hergestellt wurden, daß auch Reigen von