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I. Die Arbeitserziehung

Full text: Praktische Erziehungsarbeit im Fürsorgeheim "Am Urban" / Plass, Louis (Public Domain)

Ferner gaben wir den Kindern des öfteren Gelegenheit, 
ihre Erfindungsgabe zu zeigen, und ließen ihnen freie Hand, 
auch einmal aus eigenem Antrieb Arbeiten herzustellen, für die 
sie besonderes Interesse bewiesen. Mag hierbei auch die helfende 
Hand der Erzieher oder Erzieherinnen mitgewirkt haben, so blieb 
doch die Arbeit in gewissem Sinne ureigenstes Erzeugnis des 
kindlichen Geistes. Diese Arbeiten fördern zugleich auch die Selb— 
ständigkeit des Kindes. So wurden z. B. Puppenstuben mit 
allem Zubehör an Möbeln und Inventar, Bilderbücher, Wand— 
schmuck, Theaterrequisiten, Fahnen, Banner und Fähnchen, Kunst-⸗ 
blumen, Spielsachen, Schmuckgegenstände und sonstiges durch 
eigene schöpferische Kraft der Kinder hergestellt und dadurch in 
ihnen ein erhöhter, arbeitsfreudiger Sinn erzeugt. 
Die Arbeitsfreudigkeit wird aber auch dadurch erweckt, daß 
wir versuchten, den Kindern Verständnis für die zu ver— 
arbeitende Materie und die Verwendung der Werkzeuge 
einzuflößen. Zu diesem Zwecke wurden in großem Stil waren— 
und werkzeugkundliche Museen für sämtliche Werkstätten 
und Arbeitsbetriebe eingerichtet. Die erforderlichen Mate— 
rialien wurden teils selbst in der Anstalt hergestellt, teils von 
uns gesammelt, teils von Lehrmittelhandlungen wie Linnaeqa, 
Winkelmann, Benninghoven, Höpfel, Amelang usw. gekauft, teils 
durch großmütige Fabrikanten aus sozialem Interesse der Anstalt 
geschenkt. Zur Waren- und Materialkunde, die an der Hand 
dieses Anschauungsmaterials von den Werkmeistern den Kindern bei 
der Arbeit vermittelt wurde, gehört die Kenntnis des Werdegangs 
der einzelnen Rohprodukte, welchem Entwicklungsgang die Roh— 
produkte unterworfen sind, bis sie Kunstprodukte werden, daß die 
Schüler die verschiedenen Arten und Sorten der Stoffe, ihre technischen 
Fehler und biologischen Krankheiten, ihre chemische und mechanische 
Zusammensetzung, ihre praktische Verwendung, die Erkennungs⸗ 
zeichen ihrer Qualität, ihrer Güte, ihrer Fälschungen, die Berech— 
nung ihres Wertes und ihre Bezugsquellen kennen lernten. Diese 
Sammlungen blieben nicht tote Dekorationsstücke der Anstalt, 
sondern wurden zugleich in Schule und Fortbildungsschule dem 
Unterricht zugrunde gelegt. So wurden z. B. die umfangreichen 
Anschauungsmittel über Flachs, Baumwolle, Seide, Wolle schon
	        
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