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Vossische Zeitung: „.
Wauers Kunstlaufbahn dürfte soviel des Interessanten
darbieten, daß es erfreulich wäre, der Verfolgung der—
selben einen ausgebreiteteren Raum geben zu können,
als hier statthaft ist. Beschränken wir uns denn auf
einige Hauptzüge, die den eigentümlichen Charakter
der Kunst des Verstorbenen hinzustellen sich bestreben
wollen.
Die Grundlage seines gesamten Künstlertums war
Gesundheit in der Auffassung wie in der Aus—
führung. Dadurch wurde seine Kunst eine so all—
gemein und herzlich ansprechende, im Gebiet des Ernstes
wie in dem der Komik. „Wauer hat nie eine
Rolle verdorben“ war ein künstlerisches Lob, das
ihm bei seinen Lebzeiten ganz allgemein und mit
vollstem Rechte der Wahrheit gespendet wurde. Tieferes
Untersuchen, geistiges Zerlegen einer Aufgabe, oder
gar verworrenes Grübeln darüber, war nicht seine
Sache und hatte er auch nicht nötig, denn der Charakter,
den er darzustellen hatte, stand sofort klar vor ihm
und verschmolz sich wie von selbst mit seinem ganzen
Wesen. Darum stand er so naturwahr, so wohltuend
wirklich, so tief ergreifend vor dem Zuschauer. In
der Oper wie im Schauspiel und Trauerspiel ent—
wickelte er diese unschätzbare Eigenschaft gleichmäßig.
Die Grund-Biederkeit seines Wesens war es,
welche den Haupt ⸗Leitfaden abgab für diejenigen
Rollen, die ihm übergeben werden mußten, für die
es möglich war, daß er sie ganz in sein Naturell auf—
nahm. Doch hatte er auch eine so glückliche heitere
Lebensanschauung, daß ihm der Scherz eben so zu—