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Aber auch im günstigen Sinne ist gar Manches
aus der „guten alten Zeit“ der Berliner Hoftheater
zu berichten. Sie verfügten über eine recht lange
Reihe von Künstlern und Künstlerinnen, die auch heute
jeder Bühne zur Zierde gereichen würden.
Da waren die Damen Auguste Crelinger,
Auguste von Faßmann, Lina Fuhr, Charlotte
von Hagen, Luise Köster, Adolphine Neu—
mann, Clara Stich, Leopoldine Tuczek, Edvina
Viereck, Johanna Wagner, Amalie Wolff und
die Herren Bader, Blume, Bötticher, Dessoir,
Döring, Formes, Gern, Hendrichs, Krause,
Liedtke, Mantius, Rüthling, Schneider, Seydel—
mann, Wauer, Weiß und Zschiesche.
„Die Nachwelt flicht dem Mimen keine Kränze.“
Ich bin überzeugt, daß die Mehrzahl meiner Leser die
meisten dieser Namen noch nie als die Namen be—
deutender Künstler nennen hörte, und doch waren diese
ihrer Zeit ebenso berühmt, wie heute unsere berühmtesten,
und bei einer Konkurrenz würde gar Mancher von
heute recht erheblich zurückbleiben.
Der älteste und populärste unter den Alten war
mein Vater; in der „guten alten“ Zeit wohl die be—
kannteste und beliebteste Persönlichkeit Berlins.
Als Sohn eines durch Blindheit total verarmten
Sattlers am 26. Januar 1783 in Berlin geboren,
durchlebte er eine freudenlose, unsagbar jammervolle
Kindheit und Jugend. Jahre vergingen, in denen er
wochenlang ohne warme Speisen dahinlebte.
Endlich, in seinem 18. Lebensjahre, nachdem er
das Sattlerhandwerk erlernt hatte, brachte ihm seine