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Moabit wird Weltstadt

Full text: Humoristische Rückblicke auf Berlins "gute alte" Zeit von 1834 bis 1864 / Wauer, Hugo (Public Domain)

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am Unionsplatz fünfzehn oder sechszehn große Miets— 
kasernen stehen, von denen die meisten noch Gärten 
haben. 
Und auf diesen zwölf Morgen standen noch dicht 
bei einander die Stubben der mächtigen Kiefern, die 
erst wenige Jahre vorher, als die Jungfernheide noch 
bis Neu-Moabit, jetzt Turmstraße, reichte, gefällt 
worden waren. Es war eine Riesenarbeit und kostete 
ein hübsches Stück Geld, diese Hunderte mächtiger 
Stubben auszugraben und dann mit Pulver zu 
sprengen; aber volle zehn Jahre hindurch haben sie 
für unsern großen Haushalt in verschwenderischer Weise 
das gesamte Feuerungs-Material geliefert! 
Ja, ja, anno dazumal, als Moabit noch keine 
eigene Kirche, keinen eigenen Begräbnisplatz hatte und 
seine gesamte Schuljugend, Knaben und Mädchen, da— 
bei auch ich, in einem zweifenstrigen Zimmer sehr 
bequem Platz fand! — Anno dazumal, als in ganz 
Moabit nur ein einziger sogenannter Kaufmann 
existirte, der zugleich auch Bäcker, Destillateur und 
Bierlieferant war und dessen „Gattin“, als meine 
Mutter ihr Dienstmädchen mieten wollte, warnend 
ausrief: „Um Jotteswillen, Madamm Wauern, nehmen 
Se Die nich! Ich sage Ihnen, det is 'n waähret 
Pichmaljon!“ Pich gleich Pech oder Schmutz, Pich— 
maljon war ihr also gleichbedeutend mit Schmutz- 
oder vielmehr Dreckliese. Und in das Attest schrieb 
sie dem Mädchen: „Tumm, faul und nitterträchtig“. — 
Damals, als die Droschken unter keiner Bedingung 
weiter fahren durften, als bis an die Moabiter-, resp 
bis an die Unterbaum-Brücke. Letztere führte über den
	        
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