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Erinnerungen der Karoline v. Rochow geb. v. d. Marwitz Zweites Kapitel. Hofdame der Prinzessin Wilhelm (1814-1818)

Full text: Vom Leben am preußischen Hofe / Rochow, Caroline von (Public Domain)

5* —— 
— 
Der Prinz von Preußen war zuerst mit seinem Bruder 
beim Herrn Delbrück zusammen gewesen, wie man indessen sagen 
wollte, von diesem sehr gegen jenen zurückgesetzt, so daß er gewisser⸗ 
maßen den souffre-douleur von des Kronprinzen Heftigkeit abgeben 
mußte. Bei jeder Szene sei ihm gesagt worden: „Warum reizen 
Sie auch Ihren Bruder?“, anstatt jenen in Schranken und Kampf 
gegen sich selbst zurückzuweisen. Später wurde er mit seinem 
sanfteren Vetter, dem Prinzen Friedrich, zusammengetan unter den 
alten, etwas trockenen General Pirch?. Nach dem Kriege bekam 
er den als Chef der Kadetten verstorbenen General Brause), einen 
angenehmen, wohlwollenden, verständigen Mann, der von allen 
Teilnehmern dieses Kreises sehr gern gesehen wurde. Er und der 
Prinz lebten auf sehr freundlichem Fuße in dem schwierigen Ver— 
hältnis, wo die Zeit des Erziehers vorüber ist und der Begleiter 
dennoch einen leitenden Einfluß bewahren soll. 
Weniger friedlich mochte es wohl bei dem Prinzen Carl zu—⸗ 
gehen, der schon früh seinen Erzieher in der Person des Generals 
Menu bekommen hatte. Dieser begann sich Minutoli9 zu nennen, 
was dem Fürsten Radziwill zu dem Einfall verhalf, ihn „le plus 
vigilant des gouverneurs“ zu nennen, „parce qu'il n'était qu'une 
minuteé au lit.“ Er war ein kleiner, im äußeren ridikuler Mann 
und erfüllte den Beginn seiner neuen Charge damit, daß er sich 
in alle jungen Hofdamen nacheinander verliebte und sie heiraten 
Erzieher 
der Primen hy 
9 Wilhelm 
und Carl 
—E 
NSpäter Kaiser Wilhelm J. 
2) Otto v. Pirch IDI, Generalleutnant (1765- 1824), wurde am 2. De— 
zember 1809 Gouverneur der Prinzen Wilhelm und Friedrich. Er blieb 
bis Ende 1813 in dieser Stellung. Zuletzt Direktor der Allg. Kriegsschule 
und Präses der Militärstudienkommission. 
9) Gest. 1836 als Direktor der Kriegsschule, früher Kommandeur der 
Kadettenanstalten. Nicht zu verwechseln mit seinem Bruder Friedrich 
o. Braufe. der gleichfalls 1836 als Generalleutnant in Frankfurt a. O. starb. 
Heinrich Frhr. Menu v. Minutoli (1772 - 1846), unternahm 1820/21 
eine berühmte wissenschaftliche Expedition nach Ägypten, deren Ergebnisse 
im ägyptischen Museum in Berlin aufgestellt sind. Nach seiner Rückehr 
wurde er Mitglied der Akademie der Wissenschaften und nahm als General⸗ 
leutnant seine Entlassung. Auch als Schriftsteller bekannt. 
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