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Erinnerungen der Karoline v. Rochow geb. v. d. Marwitz Zweites Kapitel. Hofdame der Prinzessin Wilhelm (1814-1818)

Full text: Vom Leben am preußischen Hofe / Rochow, Caroline von (Public Domain)

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ordentlich groß. Aus allen Ständen wandte man sich an sie, um 
Trost in Gemütsleiden, oder Hülfe in Bedrängnissen zu suchen; 
fast jedermann hatte Zutritt zu ihr und schied mit dem Gefühl, 
eine teilnehmende Beschützerin gefunden zu haben. Ich bin nie mit 
ihr ausgefahren, daß nicht die ganze Treppe bis zum Wagen mit 
Menschen besetzt gewesen wäre, die sie sehen wollten; kein 
Spaziergang, der ihr nicht mehrere Taler gekostet hätte, denn kein 
Bittender wurde unbeschenkt entlassen. Hierin konnte man den An⸗ 
fang jener großartigen Wohltätigkeit sehen, die, zuerst vom Hofe 
ausgehend, sich nach und nach über Stadt und Land verbreitet hat, 
leider bis jetzt ohne sehr segensreiche Spuren zu hinterlassen. 
Man suchte damals auch die Prinzessin als deutsche Frau an 
die Spitze eines Strebens zu setzen, das ein eigentümlich deutsches 
Wesen als Gegensatz zu allem französischen bei uns hervorrufen 
sollte. Sprache, Kleidung, Gewohnheiten, alles wünschte man eigen⸗ 
tümlich deutsch zu gestalten, aber der Versuch gelang nicht ganz 
und endete in einigen etwas verunglückten Kleidern und Kopf—- 
bedeckungen, die bald wieder verschwanden; nur die Prinzeß, die 
Sinn und Gedanken in alles hineinlegte, das Romantische und 
Altertümliche überall gern aufsuchte, wußte ihr Leben lang gewisse 
Reste davon zu bewahren, die später oft in Unzier ausarteten, als 
ihre große Schönheit sie nicht mehr überragte. 
Als Tochter eines süddeutschen Fürstenhauses hatte sie auch 
schon andere deutsche Ideen, als damals bei uns zur Sprache 
kamen. So äußerte sie sich einmal ziemlich tadelnd über alles, was 
man vom Wiener Kongreß hörte und sagte sehr erregt: „Nun, das 
sollen nur die Herren nicht sagen, daß sie an Deutschland denken 
eim jeder denkt doch nur an sich selbst; sie sollten es nur wenigstens 
gerade heraussagen!“ Mir war dies nicht recht klar, da jeder kleine 
deutsche Fürst in seinen unsäglichen Ansprüchen mit Land und Leuten 
bedacht wurde — und wie ein ganzes Deutschland könnte hergestellt 
werden, ohne namentlich Preußen zu gefährden. Ein Kaiser und 
Reich, dem sich Preußen hätte unterordnen müssen, war nicht recht 
denkbar — Preußen als Kaisertum und sterreich beseitigt, noch 
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Deutsches 
Fühlen 
der Prinzeß 
Wilhelm 
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