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Vetter Fürst Wittgenstein)), beide noch heute bekannt durch ihren
wieder aufgefrischten Haß gegen Preußen. Vielleicht kann ersterer
noch heute nicht vergessen, welche Hoffnungen ihm Napoleon zu
einer Größe auf unsere Kosten erregt hatte.
Unsere Wohnung lag in nächster Nähe von der des französischen
Kommandanten, bei dem sich jede ankommende Truppe zur Anter⸗
bringung melden mußte. Da zeigte sich an unseren Fenstern täglich
der klägliche Anblick der verwundeten, erfrorenen und verstümmelten
Wesen, von dem man sich keinen Begriff machen kann, wenn man
ihn nicht miterlebte. Es gab nichts, was sie nicht zu ihrer Be⸗
kleidung und Bedeckung benutzt hätten, und so liefen Weiberkleider,
Decken, Uniformstücke, Zivilgarderobe, alles in schlechtester Qualität,
in buntem Gemisch durcheinander. Wenn die nicht zu bewältigende
Menge dieser elenden Wesen oft stundenlang vor unserem Hause
harren mußte, so wurde doch das allgemeine Mitleid dadurch rege,
so daß ihnen von allen Seiten kleine Erquickungen zugetragen wurden.
Man waunderte sich nur über die große Zahl, die trot aller Ver-
luste auf dieser einen Heerstraße zurückgekehrt war, und über die
nicht unbedeutenden frischen Truppen, die herbeizogen, um diese
Trümmer aufzunehmen, offenbar auch zu dem Zweck, um unsere
Regierung und unser Land in der französischen Macht festzuhalten.
Da veränderte die Konvention von Vork) als ein großer
Hebel unsrer Emanzipation die Lage, wurde jedoch von den ver—
schiedensten Gefühlen und Arteilen begleitet. Während man wohl
einerseits fürchten konnte, daß der König in seiner gefesselten
Situation dadurch kompromittiert würde, und man nicht ohne Be—
sorgnis war, er könne in Potsdam aufgehoben und nach Frankreich
abgeführt werden, andererseits dies ungewöhnliche Abweichen von
militärischer Disziplin und Gehorsam tadelte, war die Zahl der en—
thusiastischen Bewunderer dieser Tat natürlich doch die größte. Man
sah dadurch jenem angestrebten Zwang der Regierung die Bahn ge⸗
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Rückzug der
J Franzosen
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NAus der Linie Sayn⸗Wittgenstein-Berleburg.
) Konvention von Tauroggen, am 30. Dezember 1812 zwischen Vork
und Diebitsch geschlossen.
Vom Leben am vreußischen Hofe. (4)