Path:
Erinnerungen der Karoline v. Rochow geb. v. d. Marwitz Erstes Kapitel. Kindheit. Erziehung. Jugend-Eindrücke (1792-1814)

Full text: Vom Leben am preußischen Hofe / Rochow, Caroline von (Public Domain)

6 
—— — * —⸗ 
Stimmung 
im Lande 
1807— 10 
kann. Diese zeigen auch, wie sich innerhalb derselben Nuancen der 
Vermittelnden, der Beugenden), im Gegensatz zu den schroff 
Opponierenden, ihre alten Rechte Verteidigenden, bildeten. 
Jene anregende Partei, die mehr aus Angestellten und Besitz-⸗ 
losen bestand, war ihrerseits mit den inneren Veränderungen als 
ihrem Sinne gemäß eher einverstanden. Ihre Opposition ging 
mehr auf die äußeren Verhältnisse. Die in ihrem Besitz angegriffene 
Partei teilte dagegen weniger die Ansicht, durch ideelles Aufschrauben 
eine so ungeheure materielle Macht wie die Napoleonische angreifen 
zu können, und setzte ihre Hoffnung mehr auf deren Abermut und 
in den Lauf der Begebenheiten in der Zukunft. — 
Getadelt wurde auf jeder Seite der König, seine treue, aber 
etwas philiströsse Umgebung. Der Staatskanzler?) und seine Ge— 
hülfen waren besonders den heftigsten Angriffen ausgesetzt, und so 
standen sich jene verschiedenen Parteien nicht freundlich gegenüber. 
Vielleicht nicht viel anders wie jetzt, nur daß der äußere Oruck 
einen Zusammenhang bildete, und man nicht soviel Terrain besaß, 
vffentlich gegeneinander aufzutreten. In jener Zeit tauchten auch 
zuerst die öffentlichen Vorlesungen auf. Fichte mit seinen philo—⸗ 
sophisch⸗anregenden Neden an die Deutschen?) mußte in allen Händen 
sein und alles ging darauf hinaus, uns als ein entartetes Geschlecht 
darzustellen, das nur durch eine Bluttaufe und tiefe Regeneration 
zu der alten Kraft seiner Väter zurückkehren könne. 
And doch lebte man damals in genügsamer Einfachheit! Als 
nach langer Liebe mit wenigen Mitteln Marie Brühl Clausewitz 
heiratete,) war man entzückt über eine kleine, teilweise zusammen⸗ 
geschenkte Einrichtung, wo ein Sofa und sechs Stühle, mit Kattun 
bezogen, und ein paar andere Möbel den ganzen Haushalt bildeten; 
und sie selbst fühlte sich beglückt, wenn sie ein paar Verwandte 
) 3. B. Knesebeck, der spätere General⸗Feldmarschall, und die meisten 
Vertreter der „Ritterschaft.“ 
2) Hardenberg, Staatskanzler seit dem 4. Juni 1810. 
3) Reden an die deutsche Nation, Winter 1807/08. Gedruckt 1808. 
9y Dezember 1810. Sie waren schon seit 1805 verlobt. 
94
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.