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Erinnerungen der Karoline v. Rochow geb. v. d. Marwitz Erstes Kapitel. Kindheit. Erziehung. Jugend-Eindrücke (1792-1814)

Full text: Vom Leben am preußischen Hofe / Rochow, Caroline von (Public Domain)

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Erziehung 
und 
Unterricht 
Der Ratio⸗ 
nalismus 
—MW—— —c— V 
—— — — — 
* 
— 
—7 
Für den übrigen Tag hatten die Gouvernanten zu sorgen. 
Diese pflegten aber außer dem pflichtmäßigen Spazierengehen nur 
an sich zu denken, und ich kann mich nicht erinnern, daß, wenn ich 
mit meinen Stunden und den kleinen Arbeiten für sie fertig war, 
mir je eine ein Mittel der Unterhaltung oder Beschäftigung, sei es 
ein Buch, eine Arbeit, oder sonst etwas außer dem leidigen Strick⸗ 
zeug geschafft hätte. Und doch glaube ich nicht, mich gerade unter 
die Zahl der ignorantesten oder unentwickeltsten der Frauen rechnen 
zu müssen. Es blieb mir also überlassen, dies in dem Kreise der 
Erwachsenen zu suchen, der durch die Schicksale des Lebens sich 
immer mehr verengte und nach und nach seine Richtung auf das 
lenkte, was die Welt bewegte und die Sorge für Gegenwart und 
Zukunft der aufwachsenden Familienglieder bedingen mußte. Um 
indessen das Kapitel der Erziehung zu vollenden, will ich noch des 
damaligen Religionsunterrichts gedenken. 
Das Ende des vorigen Jahrhunderts war wohl die Haupt⸗ 
periode des nicht einmal tief fundierten Rationalismus. Der 
Prediger, der eine gute Moral predigte, stand sehr hoch. Auf dem 
Lande herrschten in bezug auf die Geistlichkeit die ungünstigsten Zu— 
stände. In Friedersdorf wenigstens pflegte mein Bruder, wenn 
er des Beispiels wegen in die Kirche ging, ein Predigtbuch mit⸗ 
zunehmen; er las darin, um nicht zu hören und sich doch erbauen 
zu können. Dazu waren die Schullehrer gewöhnlich alte Schneider, 
also blieben Schul- und Religionsunterricht für den Landbewohner 
wahrlich von der geringsten Bedeutung. Und doch lebte unter den 
Leuten von alters her eine Gottesfurcht und Sitte, die alle Bestrebungen 
der Neuzeit, von den besten Lehrern und Geistlichen unterstützt, noch 
nicht wieder aus ihrem Verfall emporzuheben imstande sind. So er⸗ 
innere ich mich (ohne daß ich den Zusammenhang verstand) der un⸗ 
saglichen Tränen, Schelten, Ärgernisse bei dem einzigen Beispiel einer 
Trauung, wo die Braut ohne Kranz in die Kirche gehen mußte, und 
wie selten wird er jetzt auf dem Lande noch mit Necht aufgesetzt. 
Das ruhige Fortleben in alten, unangefochtenen Verhältnissen 
mochte sowohl die Beziehungen von den Herrschaften zu ihren 
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