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Mein Bruder nahm diesen Augenblick wahr, dem Kronprinzen
den mit Menschen gefüllten Platz zu zeigen, „und alle diese Menschen“,
sagte er, „warten mit Schmerzen auf Nachrichten von ihrem kranken
Konig; indessen kein ungeduldiger Laut, kein ungestümes Drängen
nach dem Palais verrät diesen Wunsch, sie stehen bereits so seit
Stunden und man hört kein lautes Wort. Einer solchen Teilnahme
gehört eine bestimmte Nachricht. Es müßten morgens und abends
Bulletins ausgegeben werden.“ Der Kronprinz stimmte mit dieser
Ansicht überein, und mein Bruder ging zu den Ärzten, um sie zu
bitten, einen Gesundheitsbericht aufzuschreiben. — Der Dr. Schön⸗
lein sollte ihn verfassen, doch als ihn mein Bruder las, sah er,
daß der fremde Arzt nur Neugierde, nicht Teilnahme in den vor
dem Palais Versammelten sah, so oberflächlich und leicht lautete
dieses Bulletin in einem Augenblick, wo das Volk für das Leben
seines Königs zitterte. Nur mit Mühe vermochten mein Bruder
und der Fürst Wittgenstein ihn dazu, die Gefahr, in der der
König schwebte, nicht zu verheimlichen; er meinte, das Volk wisse
genug, wenn man sage, der König sei krank. Von diesem Tage
an wurden morgens und abends Bulletins ausgegeben, und während
dieser letzten fünf Tage ist der Platz nicht mehr leer geworden von
der teilnehmenden Menge. Man sah sich wie eine Familie an,
und alles was im Palais vorfiel erzählte einer dem andern; es
war ein menschlich⸗warmes Interesse, das wirklich Hoch und Niedrig
vereinigte, und das Leben hier gab nicht das Bild eines servilen,
sondern eines Familien-Verhältnisses.
Mein Bruder blieb mit dem Fürsten Wittgenstein und Grafen
Lottum im Vortragszimmer, wohin der Kronprinz ab und zu kam.
Dieser glaubte, man könne sich jetzt ohne Furcht vom Palais
entfernen. Da nahm der Fürst Wittgenstein das Wort und
wendete sich an den Kronprinzen: „Er benutze einen ruhigeren Augen⸗
blick,“ begann er, „in dem das Herz des Sohnes weniger litte,
um die Pflicht eines alten Dieners seines Vaters zu erfüllen:
Der Abend schon kann eine große Anderung in Ihrem Leben
bringen, mein gnädigster Herr!“ fuhr er fort, „und Sie zu Be—⸗
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