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Full text: Vom Leben am preußischen Hofe / Rochow, Caroline von (Public Domain)

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König zum 
letztenmal 
in Potsdam 
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MD⸗ 
gewesen, der Mangel an Eßlust derselbe geblieben und der vergeb⸗ 
liche Wunsch, in dem ihm so lieben Potsdam, seiner Gewohnheit 
treu die Kommandeure der dortigen Regimenter zu Mittag zu 
sehen, hatte ihm selbst gezeigt, wie krank er sei. Er war nicht bei 
Tisch erschienen, kam aber nach dem Diner zum Vorschein, um 
die Herren zu sprechen. 
Er hatte dies mit einigen getan, als die Kronprinzessin sah, 
daß er, bleich werdend, sich an einen Tisch lehnte; sie bat ihn, in 
ein anderes Zimmer zu gehen. Er dantte ihr freundlich und er⸗ 
widerte: „Ich will mich nur etwas ruhen, denn ich möchte doch so gern 
den anderen Herrn noch einige freundliche Worte sagen. Er hatte 
es durchgesetzt, war aber dann ganz erschöpft in einen Lehnsessel ge⸗ 
sunken. Es war das letzte Mal, daß er den ihm so werten Ort sah, 
und mit der allen Kranken eigenen Anruhe trieb er selbst zur Rückkehr 
nach Berlin, behauptend, kein Stuhl oder Sofa sei so bequem, wie 
in Berlin, und die Kälte in den Zimmern vermehre sein Leiden. — 
So kehrten er und seine Umgebungen um eine Hoffnung ärmer zu⸗ 
rück, und bald sollte sein Zustand ein hoffnungsloser werden. — 
Er selbst fühlte sich so krank, daß man es wagte, ihm eine Kon⸗ 
sultation mit einem damals hier eben angestellten Arzt aus der 
Schweiz, Dr. Schönlein9, vorzuschlagen. Es war ein großer 
Beweis von Überwindung, daß er den ihm ganz fremden Mann 
vor sich kommen ließ, der ihm noch dazu von Anfang an unan⸗ 
genehm erschien und gegen den er bis zum Tode einen ihn fern⸗ 
haltenden kurzen Ton behielt, während er gegen seine Ärzte Wiebel 
und Grimm immer rücksichtsvoll und freundlich blieb. 
Die Konsultation ging vor sich, doch konnten die gelehrten 
Auseinandersetzungen des Professors Schönlein niemand be— 
ruhigen, und nach dem ersten von ihm angeordneten Mittel, 
einem Vomitiv, ward die Mattigkeit noch größer und trat 
) Johannes Lukas Schönlein (179321864), ein berühmter Arzt und 
klinischer Lehrer, war kurz vorher als Kgl. Leibarzt angestellt worden. Er war 
zugleich Professor an der Aniversität und Militärakademie; er hatte die so⸗ 
genannte naturhistorische, auf exakter Forschung beruhende Schule begründet. 
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