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Full text: Vom Leben am preußischen Hofe / Rochow, Caroline von (Public Domain)

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reißen aus dem Krankenzimmer ihm wohltun solle, doch hatte er 
selbst jede Andeutung zurückgewiesen, und seit Wochen schauten die 
Bewohner Berlins vergeblich nach dem kleinen gelben Wagen aus, 
in dem sie gewohnt waren, den alten verehrten König spazieren⸗ 
fahren zu sehen. In Negen und Sturm sah man sonst zwischen 
12 und 1 Uhr seinen so einfachen halben Wagen, wie ihn schon 
damals fast niemand mehr besaß, und den jetzt kaum eine Kammer- 
frau gebrauchen würde, die Linden hinunter fahren; ein alter 
Kutscher und ein alter Bedienter in blauen Röcken und roten 
Kragen begleiteten ihn und das einzige Ausgezeichnete an der 
unscheinbaren Equipage waren die schönen Trakehner Pferde, die 
den Wagen zogen. Aber jeder Mensch vom Greise bis zum 
Kinde kannte den gelben Wagen, und niemand sah den geliebten 
und hochgeehrten Herrn ohne still zu stehen und zu grüßen; denn 
man wußte, sein Adlerblick erkannte bereits von weitem jeden, dem 
er begegnete, und sein kurzer, fast strenger militärischer Gruß, mit 
dem er jedem Einzelnen dankte, trug dennoch Abstufungen in sich, 
die den Menschen zeigten, daß er sie persönlich beachte. 
Endlich verbreitete sich Anfang Mai die Nachricht, der König 
gehe nach Potsdam. Es war ein später Frühling, und der arme 
kranke Herr, der sich sehr nach grünen Bäumen sehnte, hatte selbst 
in lächelnder Ungeduld gesagt: „Nun ich kann es den armen 
Blättern nicht verdenken, daß sie in der bitteren Kälte nicht an die 
Luft kommen wollen, mir geht es ebensol“ — — — Man sah 
im allgemeinen einen Beweis der Besserung in dieser königlichen 
Fahrt, und wenn auch die näher Anterrichteten das nicht glauben 
konnten, so war man doch in einer ängstlichen Spannung, was die 
Folge davon sein würde. Es war ein Abschnitt in seiner Krank 
heit, aber leider ein trauriger, denn der Köonig selbst, wie seine 
Umgebungen gewannen die Überzeugung, daß seine Kräfte ihm 
keine unnötige Anstrengung mehr erlaubten. Das kronprinzliche 
Ehepaar war mit ihm dort gewesen und die Kronprinzessin erzählte 
unter Tränen am Abend ihrer Rückkehr, wie schwach sie ihn nach 
der kleinen Fahrt gefunden. Die Bewegung war ihm schmerzhaft 
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— 
Oer Könige, 
im gelben 
Wagen 
—⸗
	        
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