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Meetings
über
Gefängnis⸗
reform
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fanden sie hier in geordnetem Zustande und da es ihnen an Ver—⸗
ständnis für andere Verhältnisse, Institutionen und Gesetze fehlte,
waren die Ausstellungen, die sie bei ihren Besuchen der Gefängnisse
hier machten, sehr oberflächlich und oft ganz falsch. Mrs. Fry hielt
hier sogenannte Meetings, und da sich das Kronprinzenpaar und die
alte Prinzessin Wilhelm für die edle Richtung der Frau inter⸗
essierten, ja, sich an die Spitze eines Vereins der Art stellten, so
fand sie hier in den gebildeten Kreisen einen großen Anklang.
Gewiß verließen diese Menschen Berlin nach achttägigem
Aufenthalte ohne tiefere Kenntnis der hiesigen Zustände, aber was
sie wollten, hatten sie erreicht. Die Anregung war gegeben, und
es wird immer ein schönes Verdienst bleiben, die Menschen zu
christlichen Liebeswerken aufgefordert zu haben. Aber man darf doch
darüber das, Nächste nicht vergessen und es blieb für alle, die die
Gefahr des Königs kannten, ein betrübendes, ja verletzendes Gefühl,
den Kronprinzen in diesem Augenblick so ganz beschäftigt von
dieser einen Erscheinung zu sehen.
Ebenso wie der Kronprinz die gefahrvolle Krankheit des Königs
nicht erwähnte, verhielten sich auch die alten Umgebungen des
leidenden Monarchen. Der Fürst Wittgenstein, der sonst fast
täglich zu meinem Bruder kam, vermied sichtlich, ihn zu sehen, und
in den Briefen, die durch manche geschäftliche Beziehungen notwendig
wurden, erwähnte er das Befinden des Königs nicht mit einem
Worte. Der alte Herr v. Schilden) dagegen, dessen weiches
Gemüt unter der drohenden Gefahr litt, verschwieg nicht, wie
verändert, wie tief krank er den alten Herrn finde.
Es war eine lange, dem Könige lieb gewordene Gewohnheit,
im Frühjahr wöchentlich nach Potsdam zu fahren, und zwar
geschah dies des Sonnabends. Er blieb dann den Sonntag dort
und kehrte Montags wieder. Es begleitete ihn außer der Fürstin
immer der Reihe nach eine Familie seiner verheirateten Kinder.
Man hatte darauf gehofft, daß diese Abwechselung, dieses Heraus⸗
August Frhr. v. Schilden, Oberhofmeister im „Hofstaat Ihrer Maje⸗
stät der höchstseeligen Königin“ (Königin Luise). Vgl. o. S. 45, Anm. 2.
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