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Full text: Vom Leben am preußischen Hofe / Rochow, Caroline von (Public Domain)

J3 
. 
— 
Der König 
altert 
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AE 
F 
721 
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—— 
52 
Während der Sommermonate war Meyendorff hier geblieben, 
hatte sich ruhig und geschickt seine Stellung gemacht. Den englischen 
wie den französischen Gesandten, die in diesem Augenblick durch 
die orientalische Frage besonders in Berührung mit ihm kamen, 
wußte er geschickt und besonnen zu behandeln. Man hörte ihn 
bald als klugen Kopf nennen, selbst die vorsichtigen Warner nahmen 
ihr Urteil zurück und erklärten ihn für einen rechtlichen Mann. Er 
war alle Abende im Salon des Fürsten Wittgenstein, die Tage 
bringt er in Beziehung zu Künstlern, Geschäftsleuten und Lite⸗ 
raten zu.) 
8. September 1839. 
Mein Bruder aß heute in Charlottenburg beim König. Er 
findet ihn sehr gealtert und kehrte sichtlich davon erschüttert zurück. 
Die kräftige, männliche Erscheinung ist greisenhaft und hager ge⸗ 
worden, die Sprache klingt leise und alt. Übrigens ist der König 
sehr gnädig gewesen, hat sich mit ihm viel über eine Zusammenkunft 
des Königs von Württenberg mit meinem jüngeren Bruder in 
Friedrichshafen unterhalten. Der König von Württemberg wollte 
auf diese Art direkt unserem Könige seine Meinung über Verhält⸗ 
nisse und Stimmung in Rom mitteilen, von wo er eben zurücktehrte, 
) Marie Fouqus urteilt späterhin wie folgt: Herr v. Meyendorff war 
ein Mann von feinem Verstande, selten allgemeiner Bildung, voll Wärme 
des Gefühls, nicht ohne poetischen Schwung. Auf gleichem Boden der Er⸗ 
kenntnis und Ansichten mit meinem Bruder stehend, verstanden sich beide 
Männer nach allen Richtungen hin. Wenn auch ganz deutsch in Charakter 
und Bildung, blieb Meyendorff doch immer der russische Gesandte und mein 
Bruder der preußische Minister. Es wäre also vorsichtiger gewesen, wenn 
letzterer den Verkehr mit diesem geistreichen Mann etwas beschränkt hätte, 
denn er bot dadurch Anlaß zu manchem Tadel und ward dadurch ver⸗ 
anlaßt, in den kritischen Augenblicken des Winters von 1841-1842 sich 
dem Ausländer gegenüber freier auszusprechen, als es vielleicht recht und 
gut war. 
Ich bin überzeugt, daß Meyendorff nie einen falschen Gebrauch dieser 
vertrauten Mitteilungen machte, aber es wurden in seiner Gegenwart im 
Salon meines Bruders und vor anderen Besuchern jene Gegenstände 
mit einer Freiheit besprochen, die man vor Fremden wohl hätte beschränken 
sollen. 
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