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Stein und
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Unser armer Gustav ist vorgestern Abend gebraten und matt
von Hitze und Hetzen in Ems mit der Kronprinzeß angekommen und
war gleich gestern früh hier, wo wir uns jedoch nur flüchtig sprachen,
da er noch sehr viel zu tun hatte und nicht bleiben konnte. Der
Großherzog von Baden ) hat ihn aufs zärtlichste empfangen, ihn zum
Frühstück und zu sich en tôte-a-tôte holen lassen, um sich nach Allem
zu erkundigen, ist in seinen Nachfragen bis zu Lasberg, Feldheim usw.
vorgedrungen.“
Als mein Mann die Kronprinzeß nach Ems begleitete, bot
sich die Gelegenheit, diesen Besuch zu wiederholen und meinen Mann
von dort aus in diesen interessanten Familienkreis einzuführen.
Gleich bei der ersten Bekanntschaft faßte der Minister eine Vor⸗
liebe für meinen Mann; und seine Töchter behaupteten im Scherz,
daß er sich zu der Stunde, in der dieser herüberzukommen pflegte,
in den Garten an die Chaussee setze, um ihn aufzufangen, eh' er
bis zu uns gelangte. Allerdings nahm er ihn dann gänzlich in
Beschlag; und mit der größten Offenheit und Vertraulichkeit be⸗
sprachen beide alle Verhältnisse der neueren Gesetzgebung, der inneren
Politik, und der hergestellten ständischen Vertretung. Es herrschte
zwischen ihnen die größte Übereinstimmung? in den ultra-konserva⸗
tivsten Ansichten, und in wochenlangem Verkehr trat nie der ge⸗
ringste Zwiespalt darin ein, auch bis zum Tode des Ministers
wurden diese Beziehungen nie ganz abgebrochen. Ich hingegen
gewann in dieser Zeit wieder ein Bild seines Charakters und seiner
Gemütsart in anderer Weise.
Er erschien geistreich und edel in jeder Beziehung; aber sein
Geist war ein so ungemein tätiger, daß jede Aufwallung des
Moments bei ihm überströmte. Man konnte also im Umgang mit
ihm leicht bemerken, wie ihm die ruhige Überlegung eines konsequent
schaffenden Staatsmannes abgehen mußte. Von dem regsten Eifer
i) Ludwig J. (regierte 1818 1830).
2) Vgl. den Briefwechsel zwischen Stein und Rochow bei Pertz,
a. a. O. VI (18585), S. 160ff. 369ff.
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