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Erinnerungen der Karoline v. Rochow geb. v. d. Marwitz Siebentes Kapitel. Umgestaltung in den Landesverhältnissen. Die pietistische Partei. Beim Minister v. Stein

Full text: Vom Leben am preußischen Hofe / Rochow, Caroline von (Public Domain)

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In Burg 
Naßñau 
— * 
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—2—— 
Von Karoline ist ein Brief an ihre Schwägerin Klara v. Pfuel erhalten, 
den sie aus Nassau schrieb, als sie Gast des Ministers v. Stein war.!) 
Nassau, den 18. Juli 1828.) 
„... Um Euch nun au kait von unseren Abenteuern zu setzen, 
so schweige ich vom Beginn meiner Reise bis Cassel, da Ihr gewiß 
durch die Mädchen aus Münster eine detaillierte Beschreibung der⸗ 
selben erhalten habt; unsere schönen Gegenden, die vielen Regen⸗ 
güsse, unser unmäßiges Jagen, mein zerbrochener Wagen, der mich 
einen Tag länger in Cassel aufhielt, als die anderen. Nur par 
parenthese will ich sagen, daß die Engel Luck eine recht gute Frau ist, 
aber über die Maßen still und verlegen; so lange wir allein waren, 
ging es noch, aber als die Stockhausen zu meiner und meiner Ge— 
fährtin Ehre, sich die Mühe gab, uns Wilhelmshöhe zu zeigen und 
Thee zu geben, nahm sie dieses mit einem so kompletten Still⸗ 
schweigen an, que j'en étais toute choquée. Den zweiten Tag mußte 
ich noch bei der Kurfürstin?) auf ihrem Landsitz bei Cassel essen und 
den übrigen Tag brachte ich recht gut mit der Stockhausen zu. 
Von Cassel hierher fuhr ich dann durch das Hessische, ziemlich 
langsam; und, einige hübsche Punkte an der Lahn ausgenommen, 
als Wetzlar, Weilburg, Limburg, Dietz usw. traf ich keine besonders 
schönen Gegenden. Die Wege sind, wenige Strecken ausgenommen, 
jetzt fast überall gut.? 
Hier kam ich ziemlich früh am Nachmittage an, nachdem ich 
bedeutende Hitze ertragen hatte, und wurde mit vieler Freude von 
meiner Freundin?) empfangen. Ich fand sie in ihrer Freundschaft 
und ihrem Vertrauen für mich keineswegs verändert, ja vielleicht 
noch eher zugenommen. In anderer Hinsicht haben Zeit, Begeben⸗ 
heiten, Umstände, ihre ganze Lage, etwas anderes aus ihr gemacht; 
für Fremde wohl nicht zu ihrem Vorteil, für genaue Freunde aber 
iy) Äber den Besuch des Rochowschen Paars bei Stein vgl. Pertz, Aus 
Steins Leben II (1856), S. 583. 
) Auguste, Tochter König Friedrich Wilhelms II., vgl. o.S. 34, Anm. 2. 
8) Henriette, älteste Tochter des Ministers v. Stein, damals verlobt 
mit dem Grafen Giech. Vermählt Oktober 1825. Vgl. Pertz, Steins 
Leben VI, S. VOff., 165f. 
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