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Erinnerungen der Karoline v. Rochow geb. v. d. Marwitz Siebentes Kapitel. Umgestaltung in den Landesverhältnissen. Die pietistische Partei. Beim Minister v. Stein

Full text: Vom Leben am preußischen Hofe / Rochow, Caroline von (Public Domain)

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IO Ob die Gegensatze zwischen Wegscheider und Gesenius) in Halle, 
sowie die Angriffe auf Tholuck) und andere schon vor dem Jahre 
1830 ins Leben traten, weiß ich nicht mehr; jedenfalls war es 
aber noch Friedrich Wilhelm III., der angerufen wurde, zu ent⸗ 
scheiden. Er tat es jedesmal zugunsten der Orthodoren, wie z. B. 
durch die Entfernung Gesenius' von seinem Lehrstuhl. Dies hatte 
zum ersten Mal das Geschrei: „Über Beeinträchtigung der Lehr⸗ 
freiheit“ zur Folge. 
In Berlin hielt sich die pietistische Partei zu Strauß ); Thsreminꝰ) 
galt mehr als Aushülfe, wenn es an strengeren Geistlichen fehlte; 
bald aber warf man Strauß vor, daß er zu sehr Hofprediger sei, 
und die strengere Nichtung wandte sich dann oft zu dem alten 
Prediger Jänicke von der böhmischen Gemeinde, dessen Reden sich 
im Stil des Abraham a santa Clara hielten, bis Goßner) auftrat. 
Dieser, ein Konvertit, früherer katholischer Priester aus Süd⸗ 
deutschland oder Tirol, wurde, nebst einem anderen, Lindel, der mehr 
zurücktrat, vom hochseligen Könige gern auf- und in Schutz ge⸗ 
nommen. Mir persönlich ist seine materielle Darstellungsweise, mit 
der er von den weißen Kleidern sprach, die wir vor Gottes Thron 
tragen würden oder von den goldenen Leuchtern, die an seinem 
Goßner 
) Ludwig Wegscheider, protestantischer Theolog (1771 -1849), seit 1810 
Professor in Halle, Hauptvertreter des Rationalismus. 
2) Wilhelm Gesenius, berühmter Orientalist und biblischer Kritiker 
(1786- 1842), gleichfalls seit 1810 Professor in Halle, schrieb eine große 
Anzahl auf das Hebräische und das Alte Testament bezüglicher Werke. Die 
Denunziation der Hengstenbergschen Evangelischen Kirchenzeitung (durch Lud⸗ 
wig v. Gerlach) gegen ihn und Wegscheider fand 1830 statt. Vgl. Treitschke, 
Deutsche Geschichte, Bd. III, S. 405 und Leopold v. Gerlachs Denkwürdigkeiten. 
8) August Tholuck (l799 - 1877) wurde in Berlin durch Verkehr mit 
den damaligen frommen Kreisen für die pietistische Richtung gewonnen, seit 
1826 Professor in Halle; fruchtbarer theologischer Schriftsteller (Werke 
1863 -1867, 11 Bände). 
9) Vgl. o. S. 96. 
) Vgl. o. S. 96, Anm. 3. 
9) Johannes Goßner (1773 - 1858), geboren in der Nähe von Augsburg, 
trat 1826 zur evangelischen Kirche über. Verdient um die Heidenmission. 
Er schrieb „Geist des Lebens Jesu“, „Schatzkästlein“. 
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