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Andrang jeder Persönlichkeit, jeder Anforderung eine Abwehr
bilden könnte, aber auch ein Organ abgab, um das Nötige treu
und wahr zu des Herrn Ohren zu bringen. Jedoch Graf Anton
wurde des Zudranges nicht Herr, vermehrte ihn vielmehr, indem
sein bekanntes, natürliches Wohlwollen eine noch größere Zahl
herbeilockte, die sich an ihn um Vermittlung wendete. Es schien,
als stelle er sich die Aufgabe, dem Könige alles zu hinterbringen.
Sein Geist erkannte wohl nicht, daß ein einzelner Mensch niemals
alles durchschauen kann, und eine Natur wie der König besonders
vor den vielerlei Kleinigkeiten gehütet werden mußte, die ihn zu
absorbieren und zu zersplittern drohten.
Seine Teilnahme an den Staatsangelegenheiten, seine Ansicht
über dieselben schien keine sehr tiefgreifende zu sein; man behauptete,
daß ihm selbst da, wo er dem Könige entgegentreten wollte, die
Gründe dafür nicht sehr zu Gebote ständen. Im ganzen war er
wohl mehr ein Instrument teils des Königs, teils anderer Personen,
als ein selbständiger Staatsmann; niemand hat aber je das Edle
seines Sinnes und Willens angezweifelt. Sein aufrichtiges Streben
nach einem auf Gottesfurcht basierten Leben hat ihm ein sehr
geliebtes und geachtetes Andenken nicht nur in seiner Familie,
bei König und Königin, sondern auch in ausgedehnten Freundes-
kreisen gesichert. Im Jahre 1848 [18. Märzs fiel er mit dem gesamten
schwachen Ministerium bis zum gänzlichen Verschwinden in seine
kleine Existenz auf den schlesischen Gütern. Erst viel später erschien
er, zuerst als Freund, wieder; und, nach des Fürsten Wittgenstein
Tode [11. April 1851] trat er als Hausminister abermals auf den
Schauplatz, mit derselben Tätigkeit den König fast permanent um—
gebend, mit gleichem Eifer zutragend, was ihm vorkam oder aufge—
geben wurde. Aber es währte nicht lange; ein früher Tod schloß
seine Laufbahn zum tiefen Bedauern des Königs, aber ohne be—
deutende Spuren seines staatsmännischen Lebens zu hinterlassen.
Damals trachtete der hochselige König danach, strengere Geistliche
und Lehrer zu berufen; und jedenfalls entstanden schon unter seiner
Regierung die ersten Kämpfe zwischen Nationalisten und Orthodoren.
Vom Leben am preußischen Hofe. (15) 225
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I
Anton
Stollberg
in seinen
imtern
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